Eigentlich wollte sich ein Leistungsempfänger gegen einen Bußgeldbescheid des Jobcenters wehren. Dafür hatte er zwei Wochen Zeit. Am Tag des Fristablaufs erkrankte er jedoch nachweislich so heftig, dass er den Einspruch nicht mehr einlegen konnte. Er musste sich bis zum Bundesverfassungsgericht hochklagen, damit er seine Rechte nicht verliert.
Grundsätzlich kann man Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhalten, wenn man eine Frist unverschuldet versäumt hat. Krankheit ist der klassische Grund. Das Jobcenter wehrte sich jedoch mit der Begründung, es habe ja niemand den Mann gezwungen, bis zum letzten Tag zu warten. So sah es auch das Amtsgericht Diepholz.
Das Bundesverfassungsgericht stellt sich dem entgegen. Fristen seien zwar wichtig, um rechtliche Sachverhalte abschließend zu klären. Allerdings habe der Bürger umgekehrt das Recht, Fristen bis zum Schluss zu nutzen. Dem Mann könne also gerade nicht vorgehalten werden, er hätte sich früher um den Einspruch kümmern können. Das sei mit einem effektiven Rechtsschutz nicht zu vereinbaren.
Wenn man eine Frist unverschuldet versäumt, muss man schnellstmöglich Wiedereinsetzung beantragen, in dem man den Einspruch oder den zulässigen Rechtsbehelf nachholt. Gleichzeitig muss man die widrigen Umstände glaubhaft machen, hier zum Beispiel durch ein Attest. Das Ganze muss im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht innerhalb von einer Woche nachgeholt werden. Diese Nachholfrist beginnt in dem Augenblick, in dem der Grund für die Verhinderung wegfällt (Aktenzeichen 2 BvR 653/20).