Ein Polizeibeamter bemüht sich derzeit redlich, den Fahrer eines Pkw zu ermitteln. Es geht um nichts Großartiges, der Lenker des Fahrzeuges soll im Vorüberfahren einem Fußgänger unfreundliche Worte zugeworfen haben. Leider kann der Fußgänger aber offenbar nichts Näheres dazu sagen, wer denn da am Steuer gesessen haben soll.
Logischerweise kriegte mein Mandant als Halter des Wagen einen Anhörungsbogen – und soll jetzt als Zeuge aussagen. „Bitte teilen Sie mit, wer das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt geführt hat.“ Ich habe mich als Zeugenbeistand gemeldet und mitgeteilt, dass mein Mandant nichts sagen möchte. Hier mein Telefonat mit dem Polizeibeamten:
Das geht nicht so einfach, Herr Vetter. Ihr Mandant hat doch Zeugenpflichten. Er muss begründen, wieso er nichts sagt.
Tut er doch. Wir sagen, dass er von seinem Recht Gebrauch macht, keine Angehörigen zu belasten. Außerdem macht er von seinem Recht Gebrauch, sich nicht selbst zu belasten.
Aber das geht doch nicht gleichzeitig.
Doch.
Aber ich kann doch gar nicht feststellen, ob Ihr Mandant sich selbst belasten müsste. Es steht doch gar nicht fest, ob er gefahren ist.
Ja, aber wenn wir sagen, er ist gefahren, um zu belegen, dass er sich auf das Gesetz berufen darf, dann würde dadurch doch das Gegenteil erreicht. Weil sie dann annehmen würden, er ist gefahren.
Der Beamte möchte nun den Staatsanwalt fragen, ob mein Mandant sich tatsächlich so verhalten darf. Ich bin auf die Antwort nicht sonderlich gespannt, ich kenne sie schon.
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