Richter müssen ihre Urteile nicht nur fällen, sondern auch eine Begründung liefern. Eine möglichst nachvollziehbare, wenn es mit der nächsten Instanz keinen Ärger geben soll. Gerade die Bemessung der Strafhöhe, auch Strafzumessung genannt, ist eine schier unerschöpfliche Quelle, aus der Revisionsanwälte schöpfen können.
Hierzu ein kleines, sehr praxisrelevantes Beispiel aus dem Drogenstrafrecht. Da hat das Landgericht München Ende 2021 einen Mann verurteilt, weil er Drogen verkauft hat. Dass es sich um Amphetamin handelte, wertete die Strafkammer ausdrücklich als strafschärfend. Amphetamine seien nämlich eine „harte Droge“.
Das ist leider falsch, zumindest wenn es nach den sicher ja nicht ganz unwichtigen Vorgaben des Bundesgerichtshofs geht. Dieser stellt für die gängigsten Betäubungsmittel nämlich eine ziemlich unmissverständliche Rangfolge auf:
Harte Drogen: Heroin, Kokain, Crack, Fentanyl
Mittlere Drogen: Amphetamine, Metamphetamine (vom 5. Strafsenat des BGH aber auch mal als harte Droge eingestuft)
Weiche Drogen Haschisch und Marihuana
Bei der juristischen Bewertung dürfen harte Drogen strafschärfen berücksichtigt werden. Weiche Drogen sind als strafmildernd zu werten. Drogen mittlerer Gefährlichkeit sind neutral.
Man kann jede Urteilsbegründung also relativ einfach darauf abklopfen, ob das Gericht sich an diese Einordnung hält. Im Detail gibt es natürlich viele Einzelfragen, etwa das Wechselspiel von Gefährlichkeit und Menge. Aber die simple Einordnung (fast) nach Schema F schafft man sogar ohne Anwalt.
Ihr würdet euch wundern, wie oft in Urteilen dann doch etwas anderes steht. Im eingangs geschilderten Fall hatte die Rüge der Verteidigung jedenfalls Erfolg. Über das Strafmaß muss neu verhandelt werden (Aktenzeichen 1 StR 83/22).