Unantastbare Rechte

Der um sich greifenden Blockwartmentalität bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie verpasst das Oberlandesgericht Koblenz einen Dämpfer. Nicht jedes Zusammentreffen von Personen ist laut dem Gericht eine „Ansammlung“, die ein Bußgeld nach sich zieht.

Der Betroffene war in Begleitung eines Freundes am Geldautomaten. Dort traf er wiederum zufällig einen Bekannten, der seinerseits in Begleitung eines Freundes war. Polizeibeamte beobachteten das ungefähr ein bis zwei Minuten währende Gespräch, bei dem die Personenpaare einen Abstand von 1,5 bis 2 Metern einhielten. Zu dem Gespräch kam es deswegen, weil sich die Beteiligten begrüßen wollten. Außerdem hat der Betroffene seinem Bekannten zum Tod von dessen Großmutter kondoliert.

100 Euro Bußgeld sollte der Betroffene zahlen, wogegen er vor Gericht zog. Während ihn das Amtsgericht noch verurteilte, sehen die Richter am Oberlandesgericht die Sache differenzierter. Sie stellen insbesondere klar, dass bei jedem coronoabedingten Verbot immer die Frage gestellt werden muss, ob es zur Verhinderung von Neuinfektionen erforderlich ist. Alles andere sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in „unantastbare Rechte“ der Bürger.

Eine verbotene Ansammlung liege nicht vor, wenn das Zusammentreffen zufällig, also ohne konkrete Planung erfolgt und auf kaum ehr als einen „flüchtigen Moment“ ausgelegt ist. Ansonsten käme es ja auch schon beim Einkaufen oder Spazierengehen zu unzulässigen Ansammlungen. Überdies sei in Rechnung zu stellen, dass die Beteiligten die Mindestabstände einhielten.

Freispruch.

Aktenzeichen 3 OWi 6 SsRs 395/20