Vor Kurzem brachte das Kunstkollektiv Peng! Plakate vor den Niederlassungen der Firma BionTech in Mainz und Marburg an. „Deine Arbeit kann Leben retten – oder Profite maximieren“ und „Leake den BioNtech Impfstoff“ ist auf dem Plakat zu lesen, es folgt ein Link zu Whistleblower-Seiten.
Das Künstlerkollektiv begründet die Aktion, in der Ausnahmesituation der Corona-Pandemie sei es legitim sei, zum Leaken der Wirkstoffformel aufzurufen – das rette Menschenleben. Wenn da nicht der Schutz des geistigen Eigentums wäre…
So könnte ein Wirkstoffformel-Leak nach § 23 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen strafbar sein. Fraglich ist, ob die besonderen subjektiven Voraussetzungen dieser Norm vorlägen. Strafbar ist ein Verhalten nach § 23 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen nämlich unter anderem nur dann, wenn subjektiv zur Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber eines Unternehmens Schaden zuzufügen, gehandelt wird. In Betracht käme allenfalls das Handeln zugunsten eines Dritten.
Daneben kommt noch eine Strafbarkeit wegen der Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 StGB in Betracht. § 203 StGB ist aber ein sogenanntes Sonderdelikt. Täter kann nur jemand aus den in § 203 StGB genannten (Berufs-)Gruppen sein. Darunter fallen keine Mitarbeiter*innen von Pharmaunternehmen.
Selbst wenn man aber zu einer Strafbarkeit gelangt, müsste man sich wegen der Pandemielage mit einer Rechtfertigung durch Notwehr oder Notstand nach den §§ 32 und 34 StGB auseinandersetzen. Insgesamt handelt es sich aus meiner Sicht um eine in der Sache erst mal nachvollziehbare Aufforderung, deren Strafbarkeit nicht so klar ist, wie sie beim ersten Lesen zu sein scheint. Das alles natürlich unabhängig von der Frage, ob die Macher ihren Aufruf tatsächlich wörtlich meinen – oder letztlich nur eine ethische Debatte anstoßen wollen.
Dazu auch ein Artikel in der Zeit.
RA Dr. André Bohn