Keine Nacktbilder einfach so

Das Landgericht Wuppertal hat entschieden, dass im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Vergewaltigung keine Nacktaufnahmen des Beschuldigten angefertigt werden dürfen (LG Wuppertal, Beschl. v. 12.01.2021 – 24 Qs 10/20). Zwar erlaubt § 81b StPO die Anfertigung von Lichtbildern und Fingerabdrücken eines Beschuldigten, soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist; das Landgericht ging aber hier davon aus, dass diese Notwendigkeit eben nicht gegeben war.

Zweck der Anfertigung der Nacktbilder war aus Sicht der Staatsanwaltschaft der Abgleich mit etwaigen Videos von der Tat. Dumm nur, dass zu keinem Zeitpunkt im Raum stand, dass entsprechende Videos existieren, auf denen der Beschuldigten nackt zu sehen ist. Auch bei den weiteren Ermittlungen wurde keine Videos aufgefunden, geschweige denn Videos, auf denen der Beschuldigte nackt zu sehen gewesen wäre.

Manchmal kommt es mir so vor, als würde bei den Ermittlungsbehörden die Denkweise vorherrschen, sie könnten sich alles erlauben. Ich erlebe immer wieder, dass rechtlich höchst fragwürdige Maßnahmen nach dem Motto „der Betroffene kann ja hinterher dagegen vorgehen“ getroffen werden. Das nachträgliche Vorgehen gegen rechtswidrige Maßnahmen kostet aber in der Regel Geld, Zeit und Nerven, und eigentlich sollte die Exekutive von sich aus versuchen, rechtmäßig zu handeln – und es nicht zu übertreiben.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff bespricht die Entscheidung ebenfalls.

RA Dr. André Bohn

Feindeslisten

Nach einem Entwurf des Bundesjustizministeriums sollen in Zukunft sogenannte Feindeslisten und das Outing politischer Gegner bestraft werden.

Der neue Paragraf § 126a StGB sieht Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren vor, wenn jemand öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts personenbezogene Daten einer anderen Person in einer Art und Weise verbreitet, die geeignet ist, diese Person oder eine ihr nahestehende Person der Gefahr eines gegen sie gerichteten Verbrechens oder einer sonstigen rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert auszusetzen.

Ich gebe den Wortlaut des Entwurfs komplett wieder, denn so lässt sich leicht feststellen: Die Norm wäre – wie es ja leider immer beliebter wird – sehr, sehr weit gefasst. So genügt es schon aus, wenn die Verbreitung lediglich „geeignet“ ist, dass die Gefahr von Straftaten gegen die Betroffenen entsteht. Der Täter muss noch nicht mal beabsichtigen, dass Straftaten gegen die Betroffenen begangen werden.

Es muss daher auch keine wirkliche „Liste“ angefertigt werden. Es reichte an sich schon aus, wenn die personenbezogenen Daten einer Person veröffentlicht werden – ohne jede greifbare Zielrichtung. Rein interne Listen fallen aber andererseits nicht unter den Straftatbestand – immerhin.

An sich handelt es sich hier um klassisches Gefahrenabwehrrecht, das seinen Platz in den Polizeigesetzen der Länder hat. Auch im vorliegenden Fall wird jedoch das Strafrecht bemüht, und zwar erneut in der Form, dass die Strafbarkeitsschwelle fühlbar in den Bereich eines an sich nicht unbedingt verwerflichen Verhaltens vorverlagert wird. So vermischen sich präventive und repressive Maßnahmen immer mehr, so dass am Ende im besten Fall Verwirrung herrscht, im schlechtesten die Tür für Willkürmaßnahmen geöffnet wird.

Die Legal Tribune Online beschäftigt sich ebenfalls mit dem Thema.

RA Dr. André Bohn

Punktlandung

Zu den (kleinen) Freuden eines Pflichtverteidigers gehört es, wenn die Hauptverhandlung am betreffenden Tag „mehr als fünf Stunden“ dauert. Dann gibt`s nämlich einen Zuschlag auf die sogenannte Terminsgebühr (z.B. in „normalen“ Fällen 128 Euro zzgl. Umsatzsteuer). Noch mal was obendrauf kommt, wenn die Verhandlung mehr als acht Stunden dauert.

In einem Verfahren fingen wir vor kurzem pünktlich um neun Uhr morgens an. Und wie es so kommt, schloss der Vorsitzende die Verhandlung, als der Zeiger der Saaluhr exakt 14 Uhr anzeigte. Eine gebührentechnische Punktlandung sozusagen, denn exakt ab 14 Uhr dauert die Verhandlung „mehr als fünf Stunden“. So hat es vor kurzem auch das Landgericht Karlsruhe entschieden, und zwar auch für einen Termin, der um 9 Uhr begonnen hatte:

Mit Ablauf der Sekunde 13:59.59 Uhr war die fünfte Stunde beendet. Ab 14.00:00 Uhr … war die Gebühr angefallen (Aktenzeichen 3 KLs 220 Js 16158/10).

Wichtig ist nur, dass die Uhrzeit auch richtig im Sitzungsprotokoll vermerkt ist. Das ist bei uns aber der Fall, ein Kollege hat nach der Verhandlung extra beim Protokollführer nachgefragt. Dass die Sitzung erst verzögert beginnt, hat übrigens keine Auswirkungen. Es kommt immer auf den Zeitpunkt an, zu dem die Beteiligten geladen wurden.

Noch kein Versuch …

Im heutigen Beitrag „Vorbereitung der Vorbereitung“ ging es darum, wie weit manche Paragrafen des Strafgesetzbuchs die Strafbarkeit weit vor den eigentlichen Versuchsbeginn (§ 22 StGB) verlagern.

Einen Kontrapunkt hierzu setzt ein aktuelles Urteil des Landgerichts Kiel. In dem Fall ging es um ein Ehepaar, das mit dem vorgetäuschten Tod des Mannes Lebensversicherungen angeblich um Millionen betrügen wollte. Die Richter studierten die Versicherungsbedingungen genau und stellten fest, dass die Auszahlung der Policen an die Vorlage einer Sterbeurkunde gekoppelt war. Diese hatte die Hinterbliebene aber nicht. Somit, so das Gericht, handelte es sich bei den Handlungen (insbesondere dem vorgetäuschten Tod des Ehemannes) noch nicht um einen Versuch, sondern lediglich um eine Vorbereitungshandlung. Diese ist jedoch grundsätzlich straflos.

Tatsächlich wurden die Eheleute nur in einem von 14 angeklagten Fällen verurteilt. Am Ende macht das einen gewaltigen Unterschied, denn so kamen noch Bewährungsstrafen raus.

Bericht auf ntv

Bitcoin-Millionen, aber kein Passwort

Die Staatsanwaltschaft Kempten hat in einem Betrugsfall Bitcoin beschlagnahmt – mit einem Wert von rund 68 Milionen Euro (Stand heute). Allerdings kann der Staat nicht allzu schnell auf eine Verwertung hoffen. Den Ermittlern fehlt nämlich das Passwort, um auf die Bitcoin zuzugreifen.

Der (frühere) Eigentümer der Bitcoin war 2014 wegen Betrugs verurteilt worden, seine Tatbeute in Form des Kryptogeldes wurde sichergestellt. Nur einige wenige Bitcoin konnten verkauft werden; der Rest ist durch bislang nicht geknackte Passwörter abgesichert. Seine Haftstrafe hat der Mann mittlerweile abgesessen, ohne das Passwort preiszugeben. Juristisch war und ist er nicht verpflichtet, den Ermittlern zu helfen.

Diese wiederum betonen im Gegenzug, dass auch der Verurteilte keinen Zugriff auf die Wallet erlangen kann und das Passwort ihm also auch nicht hilft. Da gibt es ja nur zwei Möglichkeiten: entweder ein Deal und die Bitcoin werden fair aufgeteilt (juristisch schwierig). Oder dem Staat gelingt es irgendwann doch noch, die Passphrase zu knacken. Vielleicht ist es gar nicht schlecht, wenn der Erfolg, wenn überhaupt, erst später eintritt. Beim jetzigen Kursverlauf des Bitcoin könnte das Land Bayern vielleicht spürbar die Steuern senken.

Bericht auf Spiegel Online

RA Dr. André Bohn

Spuren im Schnee II

Als ich den Beitrag „Spuren im Schnee“ schrieb, fuhr ich mit dem Zug zu einem Gerichtstermin.

Wenig überraschend erreichte ich jedoch nicht ohne Widrigkeiten mein Ziel. An einem Zwischenhalt kam der Zug nicht weiter. Alle Fahrgäste mussten raus. Offizielle Begründung: Streusalz habe sich in den ausfahrbaren Trittstufen festgesetzt, sodass diese sich nicht mehr einfahren ließen. Da der Zug die Strecke blockierte, kam auch kein späterer Zug durch.

Also fand ich mich wenige Minuten später selbst in einem Taxi wieder, um es noch zur Verhandlung zu schaffen. Die Strecke war noch beträchtlich, mein Bargeldbestand hierauf aber leider nicht eingestellt. Deshalb sagte ich dem Fahrer, dass wir kurz bei einer Bank halten müssten. Die hatte übrigens auch einen Ausgang nach hintenraus, das fiel mir aber wirklich nur wegen des eingangs zitierten Beitrags auf.

Ich machte mich aber nicht vom Acker, sondern bezahlte den Taxifahrer brav und kam sogar noch pünktlich zum Gerichtstermin. Jetzt sind wir mal gespannt, ob die Bahn die Taxikosten übernimmt.

RA Dr. André Bohn

Spuren im Schnee

Sherlock Holmes hätte es nicht besser machen können. In Krefeld hatte ein Fahrgast den Taxifahrer kurz anhalten lassen, weil er angeblich Zigaretten holen wollte. Tatsächlich tauchte der Mann aber nicht wieder auf. Es ist auch nicht übermittelt, dass er in einer Schneewehe feststeckte.

Tatsächlich konnte die herbeigerufene Polizei den Mann ermitteln. Anhand seiner noch frischen Fußspuren im Schnee – diese führten direkt bis vor seine Haustüre (Bericht in der Welt).

Doch was ist dem Mann strafrechtlich vorwerfbar?

Naheliegend ist natürlich ein Betrugsversuch. Dafür hätte der Mann bereits zum Zeitpunkt des Einsteigens oder spätestens zum Zeitpunkt des Verlassens des Taxis vorhaben müssen, das Entgelt nicht zu bezahlen. Ob man das nachweisen kann, hängt auch sehr davon ab, ob und wie sich ein Beschuldigter zum Tatvorwurf äußert. Denn letztlich entscheidend ist das, was in seinem Kopf vorging. Auch bekannt als Vorsatz.

Möglicherweise fror der Fahrgast auf dem Weg zum Zigarettenautomaten nicht nur bitterlich. Sondern er war auch abgelenkt, etwa durch Sorgen. Oder einen wichtigen Telefonanruf. Da kann man durchaus schon rüberbringen, dass er das Bezahlen des Taxis schlicht vergessen hat. Ähnlich gelagert sind übrigens die weitaus häufigeren Fälle von Autofahrern, die vergessen an der Tankstelle zu zahlen. Wenn man den „Aussetzer“ glaubwürdig erklärt, stößt das bei Staatsanwälten normalerweise auf Verständnis und ist der erste Weg zu einer Einstellung des Verfahren. Dabei hilft es aber in jedem Fall, wenn es in den letzten Jahren nicht schon mehrere Ermittlungsverfahren wegen solcher Schusseligkeiten gab.

Sehr hilfreich ist es übrigens auch, wenn der Betroffene seine Rechnung reumütig ausgeglichen hat, bevor sich sein Anwalt um eine Einstellung des Verfahrens bemüht.

RA Dr. André Bohn

Vorbereitung der Vorbereitung

Ende Januar hat die Bundesanwaltschaft vor dem Oberlandesgericht München Anklage gegen eine Frau wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat erhoben. Dieser Vorwurf wiegt weitaus schwerer als die anderen Delikte wie Bedrohung und Straftaten nach dem Waffengesetz, die der Frau ebenfalls zur Last gelegt werden. Die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a StGB) kann mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren geahndet werden.

Nach der Anklage ist die Frau rechtsextremistisch und fremdenfeindlich. Sie habe Morddrohungen verschickt. Um Brandanschläge auf Amtsträger und Muslime zu verüben, habe sie sich zudem Literatur zum Bau von Bomben und die dafür notwendigen Materialien besorgt. Auch habe sie bereits einzelne Personen als potenzielle Opfer ausspioniert.
Die Pressemitteilung des Generalbundesanwalts findet sich hier.

Das grundsätzliche Problem ist hier die extreme Vorverlagerung der Strafbarkeit. Strafbar ist quasi schon die Vorbereitung der Vorbereitung. Deshalb steht der § 89a StGB auch auch bei Kritikern im Geruch der Verfassungswidrigkeit. Der Bundesgerichtshof sieht dies jedoch – zumindest bislang – anders.

Zwar findet sich in § 89a VII StGb eine Reglung zur tätigen Reue, wonach der Täter nicht oder milder bestraft wird, wenn er die Tat aufgibt und eine etwaige bereits bestehende Gefahr beseitigt; trotzdem hebelt eine solch weite Vorverlagerung den Gedanken des Strafrechts als ultima ratio, also als letztes Mittel, aus. Das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit der potenziellen Opfer ist zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht gefährdet, und die Regelungen zum Versuch des jeweiligen konkreten Delikts werden umgangen.

Ansonsten kann man nämlich selbst dann noch vom Versuch zurücktreten und damit straffrei davonkommen, wenn das bedrohte Rechtsgut aus Tätersicht bereits konkret gefährdet ist. Insgesamt spricht also vieles dafür, dass die Verfassungsmäßigkeit der Norm genauer unter die Lupe genommen wird. Möglicherweise ist das neue Großverfahren ein geeigneter Anlass.

RA Dr. André Bohn

Staatsanwalt auf Wanderschaft

Das hast du als Anwalt auch nicht jeden Tag, dass der Staatsanwalt bei deinem Plädoyer in einer Strafsache nicht nur mehr oder weniger aufmerksam lauscht. Sondern aufsteht. Und kommentarlos durch den grooooßen Saal des Schwurgerichts Richtung Tür geht.

Ich ging eigentlich von einem menschlichem Bedürfnis aus, das irgendwie gar keinen Aufschub duldete. Deshalb war ich natürlich gerne bereit, meinen Schlussvortrag zu unterbrechen. Denn in Abwesenheit des Anklagevertreters darf nicht verhandelt werden. Sonst Revisionsgrund. Allerdings bewegte sich der Staatsanwalt in eine Nische neben dem Eingang, wo man Kleidung ablegen kann. Er zog seine Jack-Wolfskin-Jacke vom Haken und schlüpfte hinein. Dann ging er zufrieden lächelnd zurück an seinen Platz, während ich dann halt auch weiter redete.

Es war aber auch kalt im Saal, denn coronabedingt mussten auf Wunsch des Gerichts permanent zwei große Fenster offen stehen.

Stalking-Paragraf wird „aufgewertet“

Der sogenannte Stalking-Paragraf (§ 238 StGB) soll reformiert werden. Was in der heutigen Praxis ja bedeutet: verschärft.

Auch Online-Belästigung soll in Zukunft von der Norm erfasst sein. Momentan bedarf es zudem einer beharrlichen Nachstellung. Anstatt einer beharrlichen Nachstellung soll künftig die „wiederholte Nachstellung“ ausreichen. Außerdem soll das Höchstmaß für besonders schwere Fälle von drei auf fünf Jahre Freiheitsstrafe angehoben werden. Eine Zusammenfassung findet sich hier.

Schaut man sich momentan geltende Norm an, würde ich sagen, dass Belästigungen im Internet auch momentan schon von § 238 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB erfasst werden können.

Verstehen kann ich, dass das Wort „beharrlich“ durch „wiederholt“ ersetzt werden soll, auch wenn dies ursprünglich gerade nicht gewollt war. Die Beharrlichkeit hat nämlich im subjektiven Tatbestand hohe Anforderungen, auch bei der Anzahl der Verstöße muss schon eine gewisse Zahl vorliegen (jedenfalls mehr als bei „wiederholt“).

Da sich potenzielle Täter bekanntermaßen nicht von einer höheren Strafandrohung abhalten lassen, erscheint die geforderte Erhöhung des Höchstmaßes für besonders schwere Fälle (mal wieder) als reine Symbolpolitik. Bei einer Strafdrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe für so eine Deliktsart darf man sich auch fragen, ob hier nicht etwas aus den Fugen gerät. Der Strafrahmen fürs Stalking entspräche dann dem der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) oder der fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB).

RA Dr. André Bohn

Gericht habt Ausgangssperren in Baden-Württemberg auf

Zu den rigorosesten Maßnahmen im Rahmen der Pandemiebekämpfung gehören die sogenannten Ausgangsbeschränkungen in Baden-Württemberg. Dort dürfen Bürger zwischen 20 und 5 Uhr ihre Wohnungen nicht verlassen. Das ändert sich ab Donnerstag, denn der Verwaltungsgerichtshof hebt die Regelung komplett auf.

Das Gericht weist darauf hin, Ausgangsbeschränkungen seien nach geltender Rechtslage nur zulässig, wenn ohne sie die Pandemiebekämpfung „erheblich gefährdet“ wäre. Dass die Aufhebung einer Ausgangsbeschränkung dagegen nur zu „irgendwelchen Nachteilen“ bei den Corona-Maßnahmen führe, reiche für so weitgehende Einschränkungen nicht aus.

Laut dem Gericht sind die Infektionszahlen in Baden-Württemberg stark rückläufig, deshalb müssten die Ausgangsbeschränkungen als sehr einschneidende Maßnahmen nachvollziehbar begründet werden. Diese Begründung blieb die Landesregierung nach Auffassung des Gerichts schuldig. Insbesondere sei nicht ersichtlich, wieso bei so stark gesunkenen Zahlen nach wie vor eine landesweite Regelung nötig sei. Vielmehr kämen auch regionale oder lokale Beschränkungen dort in Betracht, wo die Infekionszahlen noch hoch sind. Siehe auch die Pressemitteilung des Gericht.

VR-Brillen sollen Gewalt verhindern

Virtual Reality kennt man ja eher in Verbindung mit Konsolen- oder PC-Spielen. Nun soll mithilfe von VR-Brillen Gewalt minimiert werden. Die Idee dahinter ist, dass Gewalttäter spüren und fühlen sollen, wie es ist, Opfer eines solchen Angriffs zu werden. Der Angriff wird über die VR-Brille simuliert.

Momentan sind diese Trainings auf Fälle häuslicher Gewalt beschränkt, aber natürlich könnten sie auch bei anderen Gewaltdelikten zum Einsatz kommen. Da mit solchen Simulationen die Empathiefähigkeit gesteigert werden kann und es natürlich ein einschneiderendes Erlebnis darstellt als über Taten lediglich zu reden, gehen Expert*innen von positiven Effekten aus.

Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Trainings einen positiven Effekt haben. Die Gewaltkriminalität ist zwar – entgegen allgemeiner Auffassung – seit vielen Jahren in Deutschland rückläufig, aber trotzdem gilt es natürlich zu versuchen, sie weiter zu senken. Möglicherweise haben Teile der Zielgruppe ja sogar Spaß an so einer zeitgemäßen Vermittlung, was einem Lerneffekt ja bekanntlich nicht abträglich ist.

Bericht auf Spiegel Online

RA Dr. André Bohn

Hund beißt, Halter riskiert Vorstrafe

Das Landgericht Osnabrück hat einen Mann wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 25 Euro verurteilt. Einer seiner unangeleinten Schäferhunde hatte eine Frau angefallen. Diese war gestürzt und zog sich eine Halswirbeldistorsion und eine Kopfprellung zu.

Laut dem Urteil hatte der Angeklagte seine zwei Hunde zwar zurückgerufen, als diese auf die Frau zuliefen; ein Tier hörte aber nicht auf ihn.

Fahrlässigkeitsdelikte sind die Deliktsgruppe, mit der man schneller zu tun bekommt, als einem häufig lieb ist. Für eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung reicht eine Sorgfaltspflichtverletzung aus, und zwar bei objektiver und subjektiver Vorhersehbarkeit der eingetretenen Folgen. Vorsätzlich im klassischen Sinn muss man gerade nicht handeln.

Bei der Vorhersehbarkeit und der Vermeidbarkeit neigen Gerichte in der Praxis gerne dazu, beides zu bejahen, obwohl das in der konkreten Situation nicht der Fall war. Dieses Phänomen ist psychologisch als sogenannter Rückschaufehler bekannt: Die Justiz stellt im Nachhinein überhöhte Anforderungen an den Betroffenen, das heißt es wird ein zu strenger Sorgfaltsmaßstab angelegt.

Im Hundefall war es aber doch eher eindeutig. Dass man einen Schäferhund, der offensichtlich nicht richtig hört und damit in gewisser Weise unberechenbar ist, anleinen muss, dürfte kaum zweifelhaft sein – und zwar auch dort, wo kein ausdrücklicher Leinenzwang besteht. Hundehaltern sollte auf jeden Fall klar sein: Sie können eine strafbare Körperverletzung auch durch ihr Tier begehen.

Bericht in der Legal Tribune Online

RA Dr. André Bohn