Die Corona-Pandemie hat auch Auswirkungen auf die Dauer von Strafprozessen. Immer bedeutsamer wird die Möglichkeit, das Verfahren wegen Schutzmaßnahmen für zwei Monate komplett auf Eis zu legen – auch in an sich eilbedürftigen Haftsachen. Die neue Regelung ist sehr weitgehend, das zeigt ein aktueller Beschluss des Bundesgerichtshofs.
Der Ehemann einer Schöffin (ehrenamtliche Richterin) musste sich am 14. April einer Herz-OP unterziehen. Ein Arzt hatte bestätigt, dass eine Corona-Infektion bei dem Patienten riskant wäre. Mit Rücksicht auf den Ehemann der Schöffin machte das Landgericht Bielefeld in dem Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs eine längere Pause.
Der Bundesgerichtshof weist darauf hin, die angeordnete Verhandlungspause sei laut dem Gesetz unanfechtbar (§ 10 EGStPO). Das Rechtsmittelgericht dürfe deshalb nur prüfen, ob die Anordnung willkürlich erfolgte, das heißt ohne jeden sachlichen Grund. Dieser Fall liege hier nicht vor, die ärztliche Empfehlung sei nachvollziehbar. Es spiele auch keine Rolle, dass nur der Ehemann gefährdet sei, nicht die Schöffin selbst.
In der Praxis kann die Pause sogar länger als zwei Monate dauern. Es kommen nämlich nach dem Gesetz noch 10 Tage dazu, bis die Frist dnan tatsächlich abläuft. Außerdem gelten die normalen Unterbrechungsfristen weiter (§ 229 StPO). Zwischen zwei Verhandlungstagen dürfen nach dieser Regelung ohnehin drei Wochen liegen (Aktenzeichen 4 StR 431/20).