Der Bundesgerichtshof hat die Verurteilung eines Angeklagten wegen Raubs mit Todesfolge zu elf Jahren Freiheitsstrafe bestätigt. Laut dem Urteil des Landgerichts, welches der Bundesgerichtshof prüfte, hatte der Angeklagte eine 84-jährige Frau überfallen, die zuvor 600 € bei der Bank abgehoben hatte. Das Geld steckte sie in ihre Handtasche, die sie in den Korb ihres Rollators legte. Den Gurt der Tasche legte sie um den Rollatorgriff.
Der Angeklagte kam von hinten mit dem Fahrrad und riss an dem Gurt, was dazu führte, dass die Frau den Kontakt zu dem Rollator verlor und ungebremst mit dem Kopf auf dem Gehsteig fiel. Die Frau erlitt erhebliche Verletzungen, musste operiert werden und erlangte wegen hohen Blutverlustes während der Operation und einer Kreislaufschwäche das Bewusstsein nicht wieder. Ihr Zustand verschlechterte sich weiter. Das veranlasste Ärzte und Angehörige dazu, entsprechend einer Patientenverfügung das Opfer nur noch palliativ zu versorgen. Die Frau starb kurz darauf.
Die Frage war hier, ob zwischen dem Raub und dem Tod der erforderliche „gefahrspezifische Zusammenhang“ vorliegt. Man könnte nämlich überlegen, ob das Opfer mit seiner Patientenverfügung nicht selbst eine Art Ursache für den Tod gesetzt oder zumindest mit gesetzt hat. Der Bundesgerichtshof meint allerdings, ein eigenverantwortliches Handeln des Opfers bzw. seiner Angehörigen lasse den Gefahrzusammenhang nicht entfallen. Die Frau habe kein neues Todesrisiko gesetzt, sondern sie habe dem durch die Tat gesetzten Risiko nur seinen Lauf gelassen. Anders könnte es sein, wenn das Opfer ohne vernünftigen Grund eine erfolgversprechende Behandlung ablehnt. Da dies hier aber nicht der Fall war, lässt das Gericht die Frage offen.
Der Beschluss steht im Einklang mit der sehr weiten Auslegung des spezifischen Gefahrzusammenhangs durch die Instanzgerichte. So genügt es beispielsweise auch, dass das ansonsten gesunde Opfer sich bei dem Gewaltdelikt einen Arm bricht und an Krankenhauskeimen stirbt (Aktenzeichen 3 StR 574/19).
Autor: RA Dr. André Bohn