Strafverteidiger mögen Verlöbnisse. Nicht unbedingt wegen der Romantik. Sondern wegen der sofort greifbaren Auswirkungen, die ein sogenanntes „Eheversprechen“ juristisch hat. War ein – mögliches – Opfer gerade noch als Zeuge aussagepflichtig, besitzt es ab Verlobung mit dem mutmaßlichen Täter, also möglicherweise sofort, ein umfassendes Schweigerecht. Wie das Ganze funktioniert, zeigt ein aktueller Fall aus Bonn.
Vor dem Landgericht muss sich eine 33-Jährige verantworten, weil sie ihrem Freund mit einem Messer nach dem Leben getrachtet haben soll. War der Mann bislang sogar als Nebenkläger aufgetreten, berief er sich nun am zweiten Verhandlungstag im Zeugenstand auf seine tiefe Liebe zur Angeklagten, berichtet der Express. Die Zuneigung wird wohl auch erwidert, denn nach Angaben des Zeugen bestand das in Rede stehende Verhältnis schon vor dem Gerichtstermin.
Der Verteidiger soll nichts gewusst haben, der Vorsitzende war wohl einigermaßen baff. Aber immerhin überwog laut dem Bericht die Rührung über das unvermittelte Happy End. Vielleicht mit Ausnahme des Anwalts des Frischverlobten. Der verlor nämlich sein Mandat, weil sein Auftraggeber natürlich auch noch gleich die Nebenklage cancelte.
Jetzt muss das Landgericht Bonn sehen, wie es mit der Situation umgeht. Ein Opfer, das nicht aussagt und gar keine Strafe mehr will, das wird sicher zu einem erheblichen Rabatt führen. Trotzdem bin ich mir sicher, die Beteiligten hätten den Verteidiger einweihen sollen. Der hätte der Sache mit einem kleinen Trick noch etwas mehr Drive verleihen können. Mehr sage ich an dieser Stelle aber nicht, wir Anwälte wollen uns ja nicht überflüssig machen.