Habt ihr schon für eine Reise bezahlt, die jetzt wegen der Corona-Krise nicht stattindet? Oder für ein Flugticket? Oder für eine Konzertkarte? Dann wird es euch freuen, dass der Gesetzgeber euren – an sich glasklaren – Rückerstattungsanspruch auf das Geld voraussichtlich kurzfristig außer Kraft setzen wird. Das Bundeskabinett hat jedenfalls heute beschlossen, dass euch die Anbieter auf einen Gutschein verweisen können.
Mit anderen Worten: Der Kunde schaut erst mal in die Röhre und gibt dem Unternehmen einen Zwangskredit. Überdies wird er gezwungen, bis zum Ende der Einlösungsfrist für den Gutschein – die Rede ist von Ende 2021 – erneut bei dem betreffenden Anbeiter zu buchen. Zu deutlich höheren Preisen und inhaltlich komplett veränderten bzw. deutlich eingeschränkten Angeboten? Das ist wohl zu befürchten.
Auch wenn gerade die Touristik- und Veranstaltungsbranche nun in eine deutliche Schieflage gerät, ist die Frage erlaubt, wieso nun die Kunden für eine Zwischensanierung zuständig sein sollen. Natürlich ist es jedem unbenommen, sich mit einem Gutschein zufrieden zu geben, wenn er glaubt, das betreffende Unternehmen habe die Unterstützung verdient.
Ein Zwangskredit, wie er jetzt geplant ist, stellt aber nicht nur den Grundgedanken des Zivilrechts, wonach es Geld nur gegen Leistung gibt, auf den Kopf. Vielmehr wird auch verkannt, dass ein großer Teil der Kunden ihre vergebliche Zahlung sicher nun gut selbst brauchen könnte. Wenn Kurzarbeit angesagt ist oder gar die Entlassung droht, wenn Geschäftsinhaber keine Umsätze mehr machen können, sollen diese Leute jetzt so selbstlos sein, mit ihrem Kapital Firmen oder gar Konzerne wie die Lufthansa oder dem Reiseriesen TUI das Pleiterisiko abzunehmen – für nullkommanull Gegenleistung? Den Kunden so etwas rückwirkend aufzubürden, ist nicht nur dreist, sondern wird auch das Vertrauen ins geltende Recht weiter erodieren lassen.
Bleibt nur zu hoffen, dass sich der Bundestag wenigstens eine vernünftige Lösung für das Insolvenzrisiko einfallen lässt. Ansonsten bleibt den Kunden dann womöglich nur zuzusehen, wie nun leider jetzt schon marode Firmen erst mal so lange weitermachen, bis der Zwangskredit aufgebraucht ist, etwa für stattliche Boni, Abfindungen, verdeckte Gewinnausschüttungen und gut strukturierte Ausverkäufe. Lehmann, Thomas Cook & Co. lassen grüßen.
Nachtrag: Zu dem Thema äußert sich auch der Verbraucherzentrale Bundesverband