Wer sich mitunter flott im Straßenverkehr bewegt, sollte an eins denken: Mit der Einführung des „Raserparagrafen“ (§ 315d StGB) drohen längst nicht mehr nur Fahrverbot und happige Bußgelder, sondern auch Gefängnisstrafen – ohne dass irgendjemand konkret gefährdet oder gar verletzt wurde.
Das Landgericht Köln bejaht beispielsweise einen dringenden Tatverdacht gegen einen Autofahrer, der im unmittelbaren Bereich von Schulen 72 km/h statt der erlaubten 30 km/h gefahren sein soll – wenn auch mit abgefahrenen Reifen. Dem Mann wird nun die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen und er muss sich einem Strafverfahren stellen. Höchststrafe: 2 Jahre Gefängnis.
Knackpunkt ist in diesem Fällen die Frage, ob so jemand tatsächlich gehandelt hat, ob er tatsächlich „grob verkehrswidrig und rücksichtslos“ gehandelt hat und überdies, „um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“. Dies fordert das Gesetz. Die Überschrift des Paragrafen lautet – sicher nicht ohne Grund – „Verbotenes Autorennen“. Die bloße Geschwindigkeitsüberschreitung kann also nicht ausschlaggebend sein. Darauf wird auch immer wieder hingewiesen, etwa von Krumm im Anwaltskommentar StGB:
Strafbar soll sein, wer „objektiv und subjektiv ein Kraftfahrzeugrennen nachstellt“.* Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kraftfahrzeugverkehr und ein Überholvorgang regelmäßig dem „möglichst“ schnellen Vorankommen dient, so dass zum bloßen zügigen Überholen ein Fahren mit Renncharakter hinzukommen muss. Ein Renncharakter ist gegeben, wenn der Fahrer sein Fahrzeug bis an die technischen und physikalischen Grenzen ausfährt. Nach hier vertretener Ansicht wird es kaum ausschließlich um das Erreichen der höchstmöglichen Fahrzeuggeschwindigkeit gehen können. Es wird wohl auf die zur Tatzeit auf der Fahrstrecke überhaupt aus Tätersicht ohne Unfallverursachung erzielbare Höchstgeschwindigkeit abzustellen sein.
Die Entscheidung des Landgerichts Köln geht aber eindeutig in die Richtung, dass bloßes „Rasen“ ausreicht, um nicht nur den Führerschein zu riskieren, sondern auch eine strafrechtliche Verurteilung (Aktenzeichen 101 Qs 8/20).
Nachtrag: Das Amtsgericht Villingen-Schwenningen hält den neuen Raserparagrafen für verfassungswidrig, weil zu unbestimmt. Es hat die Vorschrift deshalb dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt, siehe auch diesen Beitrag in der Legal Tribune Online. Danke an die zahlreichen Leser, die mich auf den Vorlagebeschluss hingewiesen haben.