Das Land Bayern hat sich auf sehr merkwürdige Art und Weise gegen die eigenen Verwaltungsgerichte positioniert. Seit Jahren ignoriert der Freistaat Urteile, wonach in München Diesel-Fahrverbote zur Luftreinhaltung zu verhängen sind. Zwangsgelder haben auch nichts geholfen. Aber das ist ja kein Wunder, denn Zwangsgelder fließen ohnehin wieder in den Landeshaushalt.
Die bayerischen Richter wollten sich wohl auch nicht länger auf der Nase rumtanzen lassen. Deshalb fragten sie beim Europäischen Gerichtshof an, ob sie gegen verantwortliche Politiker und Beamte auch Zwangshaft verhängen können, um die streitige Luftreinhaltungs-Richtlinie durchzusetzen. So hatte es die Deutsche Umwelthilfe verlangt, die Klägerin in den Verfahren.
Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof hat heute erklärt, er halte eine Zwangshaft gegen Beamte und Amtsträger, allen voran den bayerischen Ministerpräsidenten, für unzulässig. Aber nicht weil er meint, dass Markus Söder und seine Untergebenen Recht haben. Sondern weil es im deutschen Recht keine Regelung gebe, welche die Verhaftung eines Staatsdieners zur Durchsetzung eines Gerichtsurteils gegen die öffentliche Hand für zulässig erklärt.
Eine Freiheitsentziehung bedürfe aber stets einer ausreichenden rechtlichen Grundlage, so der Generalanwalt. Ansonsten würde das Grundrecht auf Freiheit verletzt. Das ist eine sehr rechtsstaatliche Position, wie ich finde. Das gilt auch, wenn nun ausgerechnet Leute davon profitieren, die Gerichtsurteile offen missachten. Was übrigens auch Politiker in Baden-Württemberg machen, dort werden zu Gunsten der Deutschen Umwelthilfe ergangene Urteile auch nicht umgesetzt.
Ganz ausgestanden ist die Sache aber noch nicht. Der Europäische Gerichtshof ist an das Votum des Generalanwalts nicht gebunden. Ob und wann mit Aufrufen zu rechnen ist, die nun „entdeckte“ Gesetzeslücke zu schließen, dürfen wir gespannt abwarten (Aktenzeichen C-752/18)