Vorurteile wollen ja gepflegt werden. Aber vielleicht sollte man es als Anwalt besser nicht tun – gerade was Gerichte angeht. Da gibt es ja die wildesten Vorurteile. Im Westen salopp, im Norden mal so oder auch anders, und im Süden knallhart. Ist im Kern schon etwas dran, aber halt nur von der Tendenz. Letztlich kommt es aber in keinem Fall auf die Region an, sondern darauf, wie sich die konkret zuständigen Richter im Einzelfall positionieren.
Das habe ich jetzt wieder aktuell in einem Fall erlebt, der in Bayern spielt. Der Mandant war wegen einer Sexualstraftat verurteilt worden, jetzt stand die Prüfung der Frage an, ob eine Bewährung nach Verbüßung von 2/3 der Strafe möglich ist. Die Justizvollzugsanstalt gab eine negative Stellungnahme ab. Die Staatsanwaltschaft argumentierte vehement gegen eine vorzeitige Entlassung.
Davon ließ sich die Vollstreckungskammer jedoch nicht beeindrucken. Sie prüfte sehr genau den Einzelfall und kam zu einem positiven Ergebnis. Der Mandant soll jetzt kurzfristig entlassen werden. Natürlich war hierfür einiges an Vorarbeit erforderlich, um alle Argumente sauber rüberzubringen. Auch der Mandant musste sich natürlich im besten Licht präsentieren (was ihm sehr gut gelang).
In der JVA haben sie dem Mandanten gesagt, in Bayern kriegt jemand wie er grundsätzlich keine Bewährung. Aber vielleicht gilt das auch nur so oft wirklich, weil zu viele einfach den Kopf in den Sand stecken und denken, sie haben ja sowieso keine Chance. Wer diese Chance nicht mal einfordert, kriegt sie natürlich tendenziell auch eher nicht.