Wer ab und zu fliegt, kennt die Situation: Die Airline hat nur einen Check-In-Schalter für mehrere Abflüge geöffnet, dementsprechend lang sind die Schlangen. Wer sich da brav hinten anstellt, kann schon mal am Boden sitzen bleiben. Das Amtsgericht München hat sich mit so einer Konstellation beschäftigt – und Fluggästen den Rücken gestärkt.
Eine vierköpfige Familie hatte sich auf ihre All-Inclusive-Reise nach Side gefreut. Doch obwohl die Reisenden nach eigenen Angaben rechtzeitig beim Check-In waren, verpassten sie den Flug. Grund war eine zu lange Warteschlange, weil die Airline mehrere Flieger gleichzeitig abfertigte.
Die Airline verweigerte jede Kompensation mit der Begründung, die Passagiere nach Side seien sogar noch von einem Mitarbeiter ausgerufen worden. Davon wollten die Reisenden aber nichts mitbekommen haben. Das Gericht hält diese Praxis nicht für ausreichend. An Check-In-Schaltern herrsche regelmäßig ein hoher Geräuschpegel, so dass man solche Aufrufe leicht überhören könne. Die Airline hätte entweder Lautsprecherdurchsagen machen oder die Reisenden individuell ansprechen müssen.
Für nicht zumutbar hält es das Gericht auch den Vorschlag der Fluggesellschaft, die Passagiere hätten mit ihrem Gepäck an der Schlange vorbeigehen und schneller einchecken können. Das sei ein „sozial zumeist unerwünschtes Verhalten“ und schon von daher nicht zumutbar. Andererseits meint das Gericht, einer der Reisenden hätte nach fast anderthalbstündiger Wartezeit wenigstens mal einen Mitarbeiter fragen können, was man machen soll. Sehenden Auges den Abflug verpassen, das gehe nun auch nicht. Deshalb kürzte das Gericht den Schadensersatz für die Kläger um 50 % (Aktenzeichen 154 C 2636/18).