Es kommt gar nicht so selten vor, dass in einem Strafprozess vor dem Amtsgericht der Angeklagte keinen Anwalt hat, der Nebenkläger (= Geschädigter) sich aber anwaltlich vertreten lässt. In so einem Fall hat der Angeklagte regelmäßig Anspruch auf einen Pflichtverteidiger, sagt das Landgericht München I in einem aktuellen Beschluss.
Das Landgericht begründet dies mit der „Verfahrensmacht“, die der anwaltlich vertretene Nebenkläger hat. Er kann faktisch wie ein zweiter Staatsanwalt agieren und so das Verfahren entscheidend beeinflussen. Hieraus ergebe sich ein „strukturelles Verteidigungsdefizit“ für den alleine kämpfenden Angeklagten.
Eine Ausnahme ist laut dem Gericht nur in Fällen denkbar, die tatsächlich und rechtlich sehr einfach gelagert sind. Im entschiedenen Fall war das nicht so. Dort stand der Angeklagte alleine gegen fünf Zeugen, die allesamt Polizeibeamte sind.