Wie es ausschaut, verliert das Bundesverfassungsgericht zunehmend die Geduld mit der schleppenden Bearbeitung von Haftsachen – wie sie an vielen Gerichten leider Alltag ist. In einem aktuellen Beschluss betont das Gericht nochmals in aller Deutlichkeit, dass in Haftsachen mindestens einmal in der Woche zu verhandeln ist. Wobei die Betonung auf mindestens liegt.
In einem Mordfall sitzt der Angeklagte seit Mai 2016 in Untersuchungshaft. Das Verfahren musste einmal komplett neu aufgerollt werden, weil der Vorsitzende Richter nach 23 von 25 geplanten Verhandlungstagen erkrankte. Die unvorhersehbare, schwere Erkrankung eines Richters kann nach dem Gericht zwar ein Grund sein, dass sich die Verhandlung verzögert. Allerdngs schaffte es auch die neu zusammengesetzte Strafkammer dann in der Folge nur, an 0,65 Tagen in der Woche zu verhandeln. Wobei hier schon etliche Verhandlungstage eingerechnet sind, an denen nicht substanziell verhandelt wurde, wie die Richter in ihrem Beschluss anmerken.
An der Untergrenze von einem Verhandlungstag pro Woche dürfte nach dieser Entscheidung kaum noch zu rütteln sein. Erneut betont das Verfassungsgericht auch, dass es nicht ausreicht, wenn möglicherweise überlasteten Strafkammern zusätzliches Personal zugewiesen wird (hier eine Richterstelle mit dem stolzen Faktor von 0,2). Vielmehr müssten die Entlastungsbemühungen eine klare Struktur aufweisen – und auch im konkreten Fall Erfolg zeigen. Insgesamt macht das Gericht deutlich, dass fehlende Ressourcen der Justiz kein Haftverlängerungsrecht mit sich bringen.
Deutliche Kritik übt das Verfassungsgericht auch am Pfälzischen Oberlandesgericht in Zweibrücken, welches die Verhandlungsfürung durch die Strafkammer weitgehend kritiklos absegnete. Hier vermisst das Gericht in weiten Teilen eine „tragfähige Begründung“. Das kann man getrost als Warnung an die Gerichte verstehen, welche auch in Haftsachen eher losgelöst vom Einzelfall arbeiten und lieber auf bewährte Textbausteine zurückgreifen (Aktenzeichen 2 BvR 2429/18).