Manche Dinge muss man nicht verstehen. Zum Beispiel die Ladung zu einer Vernehmung vor dem Landgericht, die meinen Mandanten heute erreicht hat. Er soll als Zeuge aussagen, nächste Woche schon.
An sich ist das natürlich nichts Ungewöhnliches. Wenn mein Mandant nicht schon vor Wochen ausgesagt hätte. Oder besser: nicht ausgesagt hat. Der Mandant war zwar zu seiner letzten Vernehmung erschienen, machte aber von seinem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO Gebrauch. Er ist in dem fraglichen Tatkomplex nämlich ebenfalls Beschuldigter, allerdings hat er ein eigenes Verfahren bekommen. Dieses Verfahren, das wegen des Wohnsitzes meines Mandanten auch noch vor einem anderen Gericht geführt wird, ist aber noch nicht rechtskräftig beendet.
Im letzten Vernehmungstermin bestand eigentlich Einigkeit, dass mein Mandant nichts sagen muss. Jetzt soll er schon wieder kommen, obwohl sich in der Sache rein gar nichts geändert hat. Einschließlich des Entschlusses des Mandanten, lieber nichts zu sagen.
Aber o.k., wenn ich das jetzt nicht noch abgebogen kriege, fahren wir halt noch mal 350 Kilometer durch die Republik. Ich bin als Zeugenbeistand beigeordnet und werde deshalb ohnehin aus der Staatskasse bezahlt. Nur der Zielort eignet sich irgendwie nicht für eine Lustreise. Aber man kann ja nicht alles haben.