Ein Tunesier ist heute aus Deutschland abgeschoben worden, obwohl das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am Vortag die Abschiebung verboten hatte. Es geht um einen Mann, der im Verdacht steht, als Leibwächter für Osama bin Laden gearbeitet zu haben.
Nach den vorliegenden Informationen hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am Donnerstagabend die Abschiebung untersagt. Gleichwohl wurde der Mann heute morgen um ca. 7 Uhr am Düsseldorfer Flughafen in ein Flugzeug nach Tunesien eskortiert. Das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat erklärt, man habe von dem Beschluss nichts gewusst. Dieser sei erst heute morgen um 8.27 Uhr an das BAMF gefaxt worden.
Mittlerweile gibt es auch eine umfassende Stellungnahme des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen zu den zeitlichen Abläufen. Danach hat das Verwaltungsgericht vom Bundesamt ausdrücklich eine Zusage gefordert, dass bis zu einer Entscheidung nicht abgeschoben wird. Dem Gericht sei dann vom Bundesamt geschrieben worden, eine Rückführung für den 12.07., also den Vortag, sei abgesagt. Da eine weitergehende Zusage nicht erfolgte, hat das Verwaltungsgericht dann noch am gleichen Tag bis 19.20 Uhr den 22-seitigen Beschluss ausgearbeitet. Dieser sei allerdings erst heute morgen an das Bundesamt gefaxt worden.
Andererseits ergibt sich aus der Stellungnahme recht deutlich, dass das Bundesamt mit so einem Beschluss zu rechnen hatte. Wieso dann nicht wenigstens noch mal vor einer eventuellen Abschiebung nachgefragt wurde, werden das Land NRW und das BAMF zu erklären haben.
Mich erinnert die Geschichte unangenehm an den Fall des mutmaßlichen Mörders Ali B., den die Bundespolizei ohne Zustimmung des irakischen Staates aus dem Irak nach Deutschland „rückgeführt“ hat. Der über den Einzelfall hinausgehende Kollateralschaden, wenn Behörden anfangen, gerichtliche Entscheidungen zu missachten, kann ganz erheblich sein. Insbesondere sind das alles Sargnägel für die funktionierende Gewaltenteilung und nicht unbedingt Ansporn für den Normalbürger, sich selbst an Recht und Gesetz zu halten.
Nachtrag: Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat angeordnet, dass der Betroffene nach Deutschland zurückgebracht werden muss. Die Abschiebung sei „grob rechtswidrig und verletzt grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien“, teilte das Gericht mit.