Manche Freisprüche kann man vorher erschnuppern. Zum Beispiel jenen, den ich heute für meinen Mandanten abholen durfte. Kurz gefasst, ging es um eine Schlägerei auf dem Schulhof. Wobei mein Mandant sich daran nicht unmittelbar beteiligte, aber einem der Kontrahenten an der Jacke gezogen haben soll; die Jacke zerriss. Die Anklage lautete also auf Sachbeschädigung.
Nun konnte man schon den Vernehmungen bei der Polizei ziemlich übereinstimmend Folgendes entnehmen: Mein Mandant hat zwar mal an einen der Beteiligten angefasst, der sich im Schwitzkasten eines anderen befunden haben soll. Aber eben nicht, um ihn zu hauen. Oder um seine Jacke kaputt zu machen. Sondern um ihn von dem attackierenden Schüler wegzuziehen, also wohl in streitschlichtender Absicht.
Die Anklage ignorierte das und reduzierte den Vorwurf auf: „An der Jacke gezogen -> Jacke kaputt -> Straftat“. Aber so einfach ist es dann halt doch nicht. Schon wegen des Vorsatzes, den man für eine Sachbeschädigung haben muss. Die fahrlässige Sachbeschädigung ist halt nun mal nicht strafbar.
Immerhin gab es dann in der Hauptverhandlung um diesen Punkt wenigstens keine großen Emotionen. Die Staatsanwältin, welche die Anklage nicht selbst verfasst hatte, plädierte auf Freispruch. Und zwar mit genau den Gründen, die an sich schon ganz früh im Verfahren zu einer Einstellung mangels Tatverdachts hätte führen müssen. Ich brauchte mich ihren Worten nur anzuschließen. Das kommt auch nicht alle Tage vor.