Es kommt nicht alle Tage vor, dass Justizbehörden Fehler einräumen. In Mönchengladbach ist das jetzt – womöglich notgedrungen – der Fall. Es geht um den Fall des Mannes, der in einem Fanzug eine Frau vergewaltigt haben soll. Obwohl er rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt war, verzögerte sich sein Haftantritt – wegen der Bearbeitung diverser Kosten- und Akteneinsichtsanträge.
Am 29.11.2017 wurde das Strafurteil gegen (Name entfernt) rechtskräftig. Dann dauerte es erst mal einen Monat, bis das Landgericht und das Amtsgericht die Rechtskraftvermerke erteilten, die für eine Vollstreckung der Strafe erforderlich sind. Nachdem die Bescheinigungen vorlagen, ging die Akte allerdings nicht an die Staatsanwaltschaft zurück, die (Name entfernt) an sich zum Strafantritt hätte laden müssen.
Die Akte blieb vielmehr beim Amtsgericht Mönchengladbach. Dort begannen die Mitarbeiter Anträge abzuarbeiten. Darunter auch diverse Kostenanträge, zum Beispiel vom Pflichtverteidiger des Angeklagten, womöglich auch von Nebenklagevertretern und Sachverständigen. Außerdem hatte der Landschaftsverband Rheinland noch Akteneinsicht beantragt; das Tatopfer hatte dort Opferentschädigung geltend gemacht. Die Daten ergeben sich aus einer Pressemitteilung, welche das Landgericht Mönchengladbach veröffentlichte.
Bis die Staatsanwaltschaft wegen des Vorfalls im Fanzug die Akte zurückforderte, befand diese sich also beim Amtsgericht Mönchengladbach. Mehr als drei Monate, in denen in Richtung Strafantritt schlicht nichts passierte. Und wäre es nicht zu der neuen Tat gekommen, hätte die Akte womöglich noch länger beim Amtsgericht gelegen. Das Gericht räumt ein, es seien noch längst nicht alle Anträge bearbeitet.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass so ein Ablauf keineswegs ungewöhnlich ist. Kaum ein Verurteilter erhält seine Ladung zum Strafantritt im Blitztempo. Zwei bis drei Monate sind schon der Regelfall. Die vier Monate wie im Fall des (Name entfernt) sind auch nicht ungewöhnlich.
Ein wie auch immer geartetes Controlling der Ladungszeiten gibt es bei der Justiz offenbar nicht. Von Seiten der Verurteilten ist naturgemäß in der Regel auch kaum damit zu rechnen, dass diese auf ihren Strafantritt drängeln. Ich habe es bisher nur ganz selten erlebt, dass jemand schneller in Haft möchte, als er unbedingt muss.
In Mönchengladbach will man jetzt die Prioritäten anders setzen. Strafvollstreckung soll dort Vorrang vor Kostenanträgen etc. haben. Eine andere Möglichkeit wäre natürlich, es endlich zu ermöglichen, dass mehrere zuständige Stellen gleichzeitig an einem Vorgang arbeiten können. So lange aber an der Papierakte festgehalten wird und von dieser grundsätzlich auch nur ein Exemplar im Umlauf sein soll, das ständig hin- und hergekarrt wird, bleibt das Verfahren schwerfällig.