Der Mahnbescheid gilt gemeinhin als einfaches, schnelles und kostengünstiges Mittel, um die Forderung gegen einen Schuldner in einen vollstreckungsfähigen Zahlungstitel zu verwandeln. Das ist richtig – wenn der Schuldner still hält. Genau das habe ich für einen Mandanten aber nicht gemacht.
Die Geschichte war schon damals etwas merkwürdig. Mein Mandant soll an einem Wohnungseinbruch im Jahr 2011 beteiligt gewesen sein. Er weiß zwar von nichts, auch verurteilt worden ist er nicht, aber die Anwälte der Hauseigentümerin scheinen ihrer Mandantin gesagt zu haben: Beantragen wir halt mal einen Mahnbescheid über ziemlich genau 10.000 Euro, gucken wir mal, ob sich der Betroffene wehrt.
Der Mahnbescheid wurde im Jahr 2016 beantragt, was ich bei einer regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren schon für recht sportlich hielt. Wie auch immer, ich legte Widerspruch ein und die Akte erst mal weg. Es war ja nun erst mal an der Gegenseite, das Verfahren weiter zu betreiben. Dazu hätte sie eine Anspruchsbegründung ans Gericht schicken müssen. Tat sie aber nicht.
Viele Mahnverfahren verlaufen so im Sande, weil der Anspruchsteller den eigentlichen Gang ans Gericht scheut. Allerdings steht es auch dem angeblichen Schuldner frei, jederzeit die Durchführung dieses „streitigen Verfahrens“ zu beantragen. Das habe ich für den Mandanten gemacht, und zwar exakt einige Monate, nachdem der eigentliche Anspruch nun wirklich absolut und unverbrüchlich verjährt war.
Die Gegenseite machte dann das, womit zu rechnen war. Sie nahm den Mahnbescheidsantrag zurück, jedenfalls mehr oder weniger. Dem gegnerischen Anwalt schwante wohl schon, dass er sich am Ende unbequeme Fragen seiner Mandantin nach den Kosten gefallen lassen muss. Er versuchte sich nämlich um eine ausdrückliche Rücknahme zu drücken und formulierte sinngemäß, die Antragstellerin lege keinen Wert auf Fortsetzung des Verfahrens. Die Sache solle doch bitte „dauerhaft ruhend“ gestellt werden.
Das wiederum konnte das Gericht so natürlich nicht akzeptieren. Schließlich kam dann die eindeutige Antragsrücknahme. Mit der Folge, dass der Antragstellerin und späteren Klägerin die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden. Ich musste dann zwar noch mal mit Vollstreckung drohen, aber schließlich wurde gezahlt. Das waren immerhin 900 Euro, und ich kann die Akte jetzt nach mehr als sieben Jahren doch noch mit einem Geldeingang schließen. Wobei das gar kein schlechtes Honorar ist – für ein Kreuzchen auf dem Widerspruchsformular.