Heute hatte ich mal wieder mit einen Paragrafen der Straßenverkehrsordnung zu tun, der zumindest in meiner Praxis ein Schattendasein führt. Es geht um § 36 StVO. Dort steht:
Die Zeichen und Weisungen der Polizeibeamten sind zu befolgen. Sie gehen allen anderen Anordnungen und sonstigen Regeln vor, entbinden den Verkehrsteilnehmer jedoch nicht von seiner Sorgfaltspflicht.
Mein Mandant wollte frühmorgens direkt neben einer Straßenbahnhaltestelle die Straße überqueren. Das gefiel einem Polizeibeamten nicht. Der forderte ihn auf, die etwa 40 Meter entfernte Fußgängerampel zu nutzen. Das wiederum sah mein Mandant nicht ein. Er verwies – zutreffend – darauf, dass es für Fußgänger keine Ampelpflicht gibt. Vielmehr darf man grundsätzlich als Fußgänger an jeder Stelle eine Fahrbahn überqueren, sofern es die Verkehrslage zulässt. Wenn kein Auto kommt und man auch ausreichende Sicht hat, muss man also nicht zur nächsten Ampel latschen (§ 25 Absatz 3 StVO).
Tja, das ändert aber leider nichts daran, dass „Weisungen“ von Polizeibeamten allen anderen Regeln vorgehen, auch der soeben zitierten. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob der Grund der Weisung überzeugt, sofern der Polizist diesen Grund überhaupt mitteilt. Wozu er nicht verpflichtet ist.
Einen kleinen Trost gibt es immerhin. Während man für echten Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte heute schon mal schnell in den Knast wandert, hält sich die Sanktion für Renitenz im Straßenverkehr doch noch deutlich in Grenzen. 20 Euro sind es derzeit bei nichtbeachteten Weisungen, 70 Euro bei ignorierten Zeichen oder Haltegeboten.