Ich sage inhaftierten Mandanten, denen ich als Pflichtverteidiger beigeordnet bin, von vornherein ganz ehrlich, dass ich nicht jede Woche bei ihnen im Gefängnis vorbeischauen kann, nur um Händchen zu halten.
Allerdings komme ich natürlich, sobald die Mandanten darum bitten und es einen nachvollziehbaren Grund gibt (den es dann fast immer auch gibt). Und selbstverständlich lasse ich mich auch möglichst schnell blicken, wenn es wichtige Neuigkeiten gibt. Zum Beispiel neue Umstände, die ich bei späterer Akteneinsicht erfahren habe und über die es sich zu sprechen lohnt.
Etwas laxer scheint es ein Verteidiger gehandhabt zu haben, der vom Gericht einem mutmaßlichen Dealer beigeordnet worden war. Er ließ sich insgesamt fünf Monate gar nicht bei seinem Auftraggeber blicken. Und das, obwohl der Inhaftierte sogar mehrfach im Knast von der Polizei vernommen worden war. Vom Aktenstand her hinkte der Anwalt fast ein halbes Jahr hinterher. Deshalb war ihm auch nicht bekannt, dass die Vorwürfe gegen seinen Mandanten erheblich ausgeweitet worden waren.
Der Beschuldigte wurde angesichts dessen verständlicherweise nervös; er beantragte die Auswechslung seine Pflichtverteidigers. Fünf Monate ohne persönlichen Kontakt (und offensichtlich auch ohne schriftlichen) sind dann auch dem Landgericht Ingolstadt zu viel. Das Gericht:
Es ist allgemein anerkannt, dass der fehlende Besuch eines Pflichtverteidigers über einen längeren Zeitraum in der Untersuchungshaft das fehlende Vertrauen des Beschuldigten zu dem beigeordneten Verteidiger rechtfertigt und deshalb einen wichtigen Grund für die Entpflichtung darstellt. …
Angesichts des im Vergleich mit dem Stand zum Zeitpunkt des Gesprächs vom 10.03.2017 veränderten Sachverhalts und der erheblichen Straferwartung wäre ein nochmaliger Besuch des Angeschuldigten in der Haft auch ohne dessen ausdrücklich geäußerten Wunsch für eine ordnungsgemäße Verteidigung zwingend erforderlich gewesen.
Nachzulesen ist die Enscheidung auf der Webseite von Rechtsanwalt Detlef Burhoff.