Die gute Nachricht war: Ich konnte mich mit dem Staatsanwalt darauf verständigen, dass mein Mandant gegen Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen wird. Die schlechte: Bevor sich die Gefängnistore öffneten, durfte ich einigen Papierkram und Lauferei erledigen.
Das sah so aus:
Abends bereitete ich das Formular für die Kaution vor. Die Kaution muss auf der Hinterlegungsstelle des Gerichts deponiert werden. Glücklicherweise kann man die Formulare heutzutage auf der Seite der Amtsgerichte runterladen. Morgens fuhr ich zunächst bei der Schwester meines Mandanten vorbei. Diese drückte mir den Pass und den Personalausweis des Inhaftierten in die Hand. Die Papiere müssen hinterlegt werden, zur Verminderung des Fluchtanreizes. Außerdem kriegte ich einen Briefumschlag mit reichlich Bargeld, die Strafkaution.
Den Pass und den Personalausweis brachte ich zur Staatsanwaltschaft. Dort kriege ich eine Quittung, die ich später beim Gericht vorlegen konnte. Weiter ging es zum Amtsgericht, Hinterlegungsstelle. Dort klappte eine Mitarbeiterin das Hinterlegungsbuch auf, ein echt dicker Wälzer. Dort wird alles noch handschriftlich vermerkt. Die Mitarbeiterin prüfte die Formulare (dauert), dann belohnte sie mich mit einigen Unterschriften und noch mehr Stempeln.
Mit den abgestempelten Formularen musste ich eine Mitarbeiterin beim Grundbuchamt aufsuchen (fragt mich nicht, warum). Die Dame prüfte alle Formulare noch mal Buchstabe für Buchstabe (dauerte superlang). Dann musste ich noch mal fünf Minuten draußen warten, weil sie sich wegen eines Details wohl nicht ganz sicher war. Immerhin sah sie sich in der Lage, die Formulare nach ihren eigenen Vorstellungen zu ändern. Schließlich kriegte ich noch mal Unterschriften und Stempel.
Mit diesen Papieren stellte ich mich in die Schlange der Gerichtskasse. Die Mitarbeiterin dort gab alle Daten in den Computer ein. Das dauert, was wenig überraschend sein dürfte. Doch schließlich tauschte sie das Bargeld gegen die ersehnte Hinterlegungsqittung.
Den Hinterlegungsbeschluss, die Einzahlungsquittung und die Bestätigung der Staatsanwaltschaft über Pass und Personalausweis brachte ich zum Büro des Ermittlungsrichters. Die Mitarbeiterin dort prüfte alle Dokumente noch mal (dauert naturgemäß). Aber es war alles da, und so konnte der Richter, der glücklicherweise auch anwesend war, die Entlassungsanordnung für meinen Mandanten unterschreiben. Diese Anordnung faxt das Gericht an die Justizvollzugsanstalt, und deren Türen öffnen sich für den Mandanten. Dessen Freude, der Vorhölle erst mal entkommen zu sein, entschädigt für den Aufwand. Abgesehen natürlich vom Honorar.
Insgesamt war es mal wieder eine kleine Odyssee durch die Untiefen unserer Bürokratie. Aber alle Beteiligten waren sehr zuvorkommend und hilfsbereit, was ja nicht unbedingt zwingend ist. Ich bin trotzdem froh, dass Kautionsgeschichten sich in meiner Praxis doch eher in Grenzen halten. Ein oder zweimal im Monat reicht.