Zu einem fast epischen Vergehen soll es vor kurzem an einem „Fernverkehrsknoten der Deutschen Bahn“ gekommen sein. Ich greife nur den Sprachgebrauch der zuständigen Bundespolizei auf. Die Beamten ermitteln, welche unbefugte Person Plakate in einige der zahlreichen Schaukästen eines großen Werbeaufstellers „eingebracht“ hat.
Kaputt gegangen ist dabei wohl nichts, vielmehr dürfte jemand ein Nachschlüsselchen verwendet haben, um die Plakate in die Schaukästen zu hängen. Die Bundespolizei ermittelt jetzt wegen „Sachbeschädigung“ (§ 303 StGB), und das könnte wirklich interessant werden. Immerhin reicht es seit einer Gesetzesnovelle aus dem Jahr 2005 für eine Sachbeschädigung, wenn jemand das Erscheinungsbild einer fremden Sache „nicht nur unerheblich“ beeinträchtigt.
Schon damals hat man beklagt, dies sei ja wohl jetzt die Sachbeschädigung ohne Sachbeschädigung. Also ein Gesetz von fast lustiger Maaslosigkeit, aber damals war man noch nicht so recht gegen derartige Entgleisungen abgestumpft. So schimpften die Kritiker also halb ernst, halb scherzhaft, künftig mache man sich also schon strafbar, wenn man am falschen Ort Wäsche aufhängt (vom Wortlaut her kann das durchaus strafbar sein). Auch sachlichere Bedenken blieben unerhört, aber auch das ist ja insoweit nichts Neues.
Womit wir dann also bei den zweckentfremdeten Schaukästen im Bahnhof wären. Das Gesetz passt, aber immerhin soll laut Strafrechtskommentar eine Sachbeschädigung dann nicht vorliegen, wenn die Veränderung nur „von kurzer Dauer“ ist. Zum Beispiel bei „Anbringung leicht ablösbarer Überklebungen, leicht entfernbarer Verhüllungen oder leicht abwaschbarer Farbbemalungen“.
Wenn ich das lese, schöpfe ich etwas Hoffnung für alle in Frage kommenden Verdächtigen. Und wenn alle Stricke reißen, bleibt am Ende noch die Kunstfreiheit. Schöner und aussagekräftiger als Zigarettenwerbung waren die Plakate nämlich allemal.