Die Polizei suchte in der Wohnung meines Mandanten nach Belegen für eine Steuerhinterziehung. Das blieb leider ergebnislos. Aber die Beamten schauten unglaublich sorgfältig in alle Ecken – und Schubladen. So fiel ihnen in einem Nachtschränkchen eine krümelartige Substanz in die Hände, welche mit einer Kombination aus kriminalistischem Spürsinn und Lebenserfahrung unschwer als Marihuana zu identifizieren war.
Nur ein paar Gramm, aber hey, immerhin hatte man jetzt ein höchst verfolgenswertes Delikt. So wurde pflichtgemäß ein Strafverfahren eingeleitet. Ich war eigentlich guter Dinge, dass ich die Angelegenheit durch einen Anruf bei der Staatsanwältin erledigen konnte. Aber leider hatte sich die Zuständigkeit geändert. Am Telefon war eine mir bislang unbekannte Dame, offenbar neu im Geschäft. Sie sagte mir unverblümt, dass sie sich nicht sonderlich für die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Eigengebrauch interessiert, sondern persönlich für eine harte Linie bei weichen Drogen ist.
Die Staatsanwältin klagte meinen Mandanten also an. Dass mein Mandant die Wohnung gemeinsam mit seiner Lebenspartnerin bewohnt, spielte für die Strafverfolgerin keine Rolle. Ich kann mir das nur so erklären, dass bei ihr Männer immer schuld sind, während die Frau im Haus selbstverständlich von rein gar nichts weiß.
Tja, kann man so sehen. Reicht aber halt nicht vor Gericht. Da sowohl mein Mandant als auch die Lebenspartnerin so schlau waren, konsequent alle Angaben zur Sache zu verweigern, stellte sich die Frage: Woraus soll sich denn nun ergiben, dass mein Mandant das Marihuana besessen hat – und nicht möglicherweise doch seine Partnerin?
Nachdem ich darauf hingewiesen hatte, gab der Amtsrichter, der über die Zulassung der Anklage entscheiden musste, die Akte zurück an die Polizei. Mit der Frage, ob die Beamten geprüft haben, „welchem der beiden Bewohner der linke der beiden Nachtschränke zuzuordnen ist“. In diesem Schränkchen war das Marihuana nämlich gefunden worden.
Die Antwort des Beamten, der die Möbel durchsucht hatte, fiel erwartungsgemäß aus. Er habe alles in Augenschein genommen. Er erinnere sich sogar, dass in einem Nachtschrank eher Männer- und im anderen eher Frauensachen waren. Nur welcher der beiden Schränke der linke war, daran hatte er beim besten Willen keine Erinnerung.
Daraufhin zog die Frau Staatsanwältin ihre Anklage zurück und stellte das Ermittlungsverfahren ein. Für meinen Mandanten hat das immerhin den Vorteil, dass er einen gewissen Teil der Anwaltskosten vom Staat erstattet erhält. Hätte die Staatsanwältin gleich die nötige Konsequenz gezogen und wegen Geringfügigkeit eingestellt, wäre ich als Anwalt finanziell gesehen noch reines Privatvergnügen gewesen.