Die Geschichte ist folgende: Ein Autofahrer fährt auf der Autobahn in alkoholisiertem Zustand einen Motorradfahrer tot. Der Unfallverursacher flüchtet zu Fuß und versteckt sich in einem Industriegebiet. Er telefoniert mit zwei anderen Männern. Einer holt ihn mit seinem Auto ab und bringt ihn zunächst bei sich unter. Mit dem anderen Bekannten telefoniert der Unfallfahrer mehrfach. Sein Gesprächspartner verspricht ihm Unterstützung, unter anderem die Abholung nahe des Unfallortes. Die Polizei wurde nicht eingeschaltet.
Die Staatsanwaltschaft wertete das Verhalten der beiden Männer als Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort und als versuchte Strafvereitelung. Das Amtsgericht Freiburg sah das ganz anders. Es sprach die beiden Männer kurzerhand frei. Begründung: Die Unfallflucht sei im Wald bereits beendet gewesen, so dass eine Beihilfe nicht möglich sei. Und für eine Strafvereitelung habe den Angeklagten der Vorsatz gefehlt; sie hätten den Unfallfahrer „ausschließlich psychisch stabilisieren“ wollen.
Sicherlich ein bemerkenswertes Urteil. Aber ich hatte ja oben gesagt, die Polizei wurde nicht eingeschaltet. Das ist nicht ganz richtig. Tatsächlich sind alle drei Männer Polizeibeamte und Arbeitskollegen. Nur hielt sich in dieser Nacht ihr dienstlicher Eifer an der Aufklärung von Straftaten offenkundig in deutlichen Grenzen.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat das Urteil nun korrigiert. Ihrem Kollegen am Amtsgericht attestieren die Richter nicht nur eine oberflächliche Beweisaufnahme, sondern auch eine falsche Anwendung des Gesetzes. Eine Unfallflucht sei erst beendet, wenn das Sich-Entfernen von der Unfallstelle erfolgreich gewesen ist. So lange sich der Unfallfahrer im nahen Wald versteckte, hatte sich der Flüchtende aber noch nicht endgültig in Sicherheit gebracht.
Für eine Strafvereitelung, so die Richter, bedürfe es zwar eines Tatvorsatzes. Allerdings reiche es hierfür schon aus, dass der Täter die Folgen seiner Unterstützungshandlung als sicher voraussetzt. Die Polizeibeamten hätten aber sehr gut gewusst, dass es die Aufklärung der Trunkenheit als Unfallursache vereitelt, wenn sie den Kollegen so lange Unterschlupf gewähren, bis der Blutalkoholgehalt zur Tatzeit nicht mehr bestimmt werden kann.
Ein anderer Richter am Amtsgericht Freiburg muss jetzt über den Fall neu entscheiden (Aktenzeichen 2 Rv 10 Ss 581/16).