Gute juristische Arbeit zeigt sich im Detail, wo auch sonst. Zum Beispiel in einem Einstellungsbescheid, den mir ein Staatsanwalt nach einem Streit in der Straßenbahn geschickt hat, bei dem etwas die Fetzen flogen. Darin heißt es:
Das Ermittlungsverfahren habe ich gemäß § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung eingestellt. Unbeteiligte Zeugen sind nicht vorhanden. Letztlich stehen sich die Angaben der Beschuldigten unvereinbar gegenüber, wobei keiner der Sachverhaltsschilderungen ein höherer Beweiswert beigemessen werden kann.
Das hebt sich wohltuend von der Arbeitsweise vieler Staatsanwälte ab. Die schlagen sich in solchen Fällen gern auf die eine oder andere Seite. Wer den Schwarzen Peter gezogen hat, der wird angeklagt. Der andere Beteiligte gilt als glaubwürdig. Er bekommt die Rolle des Zeugen, was natürlich deutlich angenehmer ist.
Die geschilderte Parteinahme gelingt notgedrungen nur mit einer gehörigen Portion Intuition. Was dann in solchen Prozessen oft dazu führt, dass spätestens im x-ten Gerichtstermin das Denkgebäude sich als brüchig und die Anklage sich als substanzlos erweist (in dem Sinne, dass halt auch mit dem „Zeugen“ kein ausreichender Tatnachweis zu führen ist). Die juristisch korrekte Denk- und Arbeitsweise des betreffenden Staatsanwalts ist mir da deutlich lieber.