„Rechte, die kaum einer kennt“ – so hieß vor kurzem ein Beitrag im law blog. Es ging darum, dass die Berliner Polizei sich nicht darum bemüht hatte, vor einer Vernehmung tatverdächtiger Jugendlicher die Eltern zu kontaktieren. Folge: Die Aussagen der jungen Männer waren vor Gericht nicht verwertbar.
Das ist nicht der einzige Fallstrick im Jugendgerichtsverfahren, den Ermittlungsbehörden und Gerichte gern übersehen. So beachten nach meiner Erfahrung im Alltag die wenigsten Jugendgerichte, dass im Strafprozess gegen einen Minderjährigen mehrere Personen das Recht auf ein letztes Wort haben. Nämlich der Angeklagte. Und seine Eltern beziehungsweise sein gesetzlicher Vertreter (Vormund). Wenn die Erziehungsberechtigten also im Gerichtssaal anwesend sind, müssen sie Gelegenheit bekommen, sich im Rahmen eines letzten Wortes zu äußern.
Wird das vergessen (und es wird oft vergessen), ist das ein Revisionsgrund. Das zeigt aktuell ein Beschluss des Bundesgerichtshofs in einem Mordprozess. Der Bundesgerichtshof kassiert die Strafe schon allein deswegen, weil der im Gerichtssaal anwesende Vormund nicht Gelegenheit zu einem letzten Wort bekam. Der Prozess muss jetzt komplett neu aufgerollt werden.
Für einen minderjährigen Angeklagten ist es natürlich immer gut, wenn die Eltern im Gerichtssaal anwesend sind und Rückendeckung geben. Aber dass diese Anwesenheit auch eine Möglichkeit sein kann, ein unerfreuliches Urteil wegen Verfahrensfehlern zu kippen, das sollte man im Falle des Falles wissen. Und vielleicht den eigenen Anwalt darauf aufmerksam machen. Sofern es dieser nicht weiß, was ich nicht ausschließen möchte.
Detlef Burhoff zum gleichen Thema
Nachtrag: Ein Anwaltskollege hat die Sache mit dem letzten Wort auch mal auf die spitze getrieben