Diebe und Jurastudenten sollten jetzt aufpassen. Gleichermaßen. Der Bundesgerichtshof hat nämlich eine Entscheidung getroffen, die für beide Berufsgruppen von erheblicher Relevanz ist. Es geht um die Frage, ob man aus Wohnmobilen oder Wohnwagen nur was klauen kann. Oder ob man in ein Wohnmobil auch „einbrechen“ kann, ebenso wie in ein Haus oder eine Wohnung.
Normaler Diebstahl kann noch mit Geldstrafe geahndet werden; ebenso wie die bei Autos oft damit einhergehende Sachbeschädigung. Beim Wohnungseinbruch gilt aber eine Mindeststrafe von sechs Monaten. Die Frage, wie ein Wohnmobil oder ein Wohnwagen rechtlich einzuordnen sind, hat deshalb ziemlich gravierende Auswirkungen.
In dem aktuellen Beschluss wird die Frage erstmals höchstrichterlich beantwortet:
Wohnmobile und Wohnwagen sind somit jedenfalls dann, wenn sie Menschen zumindest vorübergehend zur Unterkunft dienen, Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Für die vorübergehende Nutzung als Wohnung genügt die Übernachtung auf einem Autobahnparkplatz. … Ausreichend hierfür ist, wenn die Übernachtung im Wohnmobil oder Wohnwagen im Rahmen einer Urlaubsreise stattfindet. Nicht erforderlich ist, dass die bewegliche Unterkunft dauerhaft genutzt wird.
Für die Strafbarkeit kommt es künftig also darauf an, ob das Wohnmobil oder der Wohnwagen aktuell als „Wohnung“ genutzt wird. Dazu muss man dann als Richter feststellen (oder als Anwalt widerlegen), ob die Besitzer nachts drin schlafen. Oder halt nicht. Auf einer Überführungsfahrt, bei einer Besorgungsfahrt wäre das Wohnmobil also keine Wohnung. Ebenso wenit, wenn der Besitzer damit zur Arbeit fährt. Wenn der Besitzer nachts mal lieber im Wohnmobil schläft und nicht in seiner Wohnung, obwohl das Wohnmobil zu Hause steht, dann wäre auch ein Einbruchsdiebstahl möglich. Schlummert der Besitzer aber in seinem Bett im Haus, dann nicht. Was ist dann mit einem Nickerchen?
Man sieht, spätesten jetzt kommen die Jurastudenten ins Spiel. Die Entscheidung lädt ein zu etlichen Fall-Variationen, mit denen sich locker ganze Klausuren abdecken lassen. Umgekehrt ist es geradezu spaßig (oder sehr ernst für Kriminelle), wie plötzlich die aktuelle Nutzung eines Fahrzeuges zu einer erheblichen Strafschärfung führen kann. Obwohl diese Nutzung in vielen Fällen für den Täter ja gar nicht erkennbar ist.
Interessant wird das Ganze auch noch dadurch, dass der Bundesgerichtshof ausdrücklich sagt: Schlafplätze kennzeichnen eine Wohnung, müssen aber nicht notwendig Merkmal sein. Wir dürfen also gespannt sein, wann das erste Auto als „Wohnung“ durchgeht. Der Bundesjustizminister könnte sich dann glatt seine routinemäßigen Gesetzesverschärfungen auf diesem Gebiet sparen (Aktenzeichen 1 StR 462/16).