Momentant wird gerade in sozialen Netzwerken eifrig diskutiert, ob die Festnahme des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr rechtmäßig war. Oder ob sich die syrischen Staatsbürger, die ihren Landsmann verschnürten und ihn der Polizei übergaben, sich strafbar gemacht haben. Zum Beispiel wegen Nötigung und Freiheitsberaubung.
Rechtsgrundlage für die Festnahme ist das sogenannte Jedermanns-Recht in § 127 Strafprozessordnung:
Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen.
Auch wenn die Vorschrift etwas antiquiert formuliert ist, kann man die hier wichtigen Voraussetzungen relativ gut herausarbeiten. Zunächst mal ist erforderlich, dass „jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt ist“. Man braucht gar nicht die Frage zu überlegen, ob hier überhaupt eine „frische Tat“ vorlag. Darüber könnte man sicher diskutieren, auch wenn man letztlich davon ausgehen kann. Bei den heutigen Terrorismus-Delikten handelt es sich um Dauerstraftaten und sogenannte Unternehmensdelikte. Bei denen ist die Strarfbarkeit – gerade bei Sprengstoffbeteiligung – unglaublich weit nach vorne ins Vorbereitungsstadium verlagert.
In jedem Fall war Dschaber al-Bakr auf Grund eines konkreten Tatverdachts jedenfalls „verfolgt“ – wie sich ja schon an dem Fahndungsaufruf der sächsischen Polizei zeigt, der bei seiner Festnahme schon lange in der Welt war. Für eine Verfolgung im Sinne dieser Alternative des Gesetzes reicht es aus, wenn die Verfolger aktiv werden, nachdem sie sich aufgrund konkreter Anhaltspunkte zum Einschreiten veranlasst sehen. Eine „frische Tat“ im engeren Sinne braucht man dafür also gerade nicht.
Das Festnahmerecht greift laut dem Gesetz ein, wenn der Betreffende „der Flucht verdächtig“ ist. An einer Flucht wird man kaum zweifeln können. Den Wanrschuss, den Beamte auf ihn abgegeben haben, dürfte al-Bakr ja kaum überhört haben.
Wer nach dem Festnahmerecht handelt, genießt dadurch allerdings keinen Freibrief. Gewalt ist nur zulässig, wie sie nötig und verhältnismäßig ist. Es gibt diverse Urteile, die eine kurzzeitige Freiheitsberaubung und insbesondere eine Fesselung für zulässig halten. Es spricht also viel dafür, dass die Syrer mit ihrem Zugriff juristisch nichts falsch gemacht haben.