Vorsatz, was sonst?

Mein Mandant war alkoholisiert mit dem Wagen unterwegs. Die zuständige Bußgeldstelle ist sich auch sicher, dass mein Mandant vorsätzlich handelte. Und nicht nur fahrlässig.

Das ergibt sich allerdings nicht aus einer näheren Prüfung der Umstände des Einzelfalles, sondern aus einem vorgehefteten „Aktenvermerk“. Dieser Textbaustein wird anscheinend in alle passenden Fälle reinkopiert. Darin steht:

Aktenvermerk:

Jeder Kraftfahrzeugführer, welcher in einem überschaubaren Zeitraum vor Fahrtantritt alkoholische Getränke in nicht ganz unerheblichem Umfang zu sich nimmt, weiß, dass er in Gefahr läuft, eine Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l bzw. eine Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille oder mehr erreicht zu haben. Wenn er dennoch ein Kraftfahrzeug führt, handelt er in aller Regel bedingt vorsätzlich.

Mit Arbeitsvermeidung bei der Bußgeldstelle hat das viel zu tun, mit der tatsächlichen Rechtslage aber wenig. Denn tatsächlich darf Vorsatz nur angenommen werden, wenn feststeht, dass der Betroffene seine Fahruntüchtigkeit gekannt oder wenigstens mit ihr gerechnet hat. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Fahrtantritt, mögliche Überlegungen vorher spielen erst mal keine Rolle. Sogar Fahrfehler sind nicht unbedingt ein Beleg. Vielmehr muss man feststellen, dass der Fahrer die Fehler bemerkt und dadurch über seine Fahrtüchtigkeit nachgedacht hat.

Nicht mal eine hohe Blutalkoholkonzentration reicht alleine aus, um den Vorsatz zu bejahen. Eine hohe Blutalkoholkonzentration führt nämlich zur Kritiklosigkeit, die den Täter seine Fahrunsicherheit nicht wahrnehmen lässt. Es gibt daher keinen Erfahrungssatz, dass man ab einer bestimmten Blutalkoholkonzentration seine Fahrunsicherheit erkennt.

Nach Schema F auf eine vorsätzliche Alkoholfahrt zu schließen, ist da schon ziemlich dreist. Schauen wir mal, ob das Amtsgericht ergebnisoffener denkt, wenn es über den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid verhandelt. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass der Textbaustein dort auf sonderlich viel Gegenliebe stößt.