Dürfen die Betreuer in einer Ganztagesschule ihre Schützlinge ohrfeigen? Unter Umständen ja, meint zumindest das Oberlandesgericht Düsseldorf. Die Richter sprachen jetzt einen Ein-Euro-Jobber vom Vorwurf der Körperverletzung frei.
Der als Schulhofaufsicht eingesetzte Mann war von den spielenden Kindern, die ihn auch bedrängten, so genervt, dass er einem Erstklässler zur Abschreckung aller anderen eine runterhaute. Das ist durch Notwehr gerechtfertigt und somit ok, befindet das Oberlandesgericht Düsseldorf in einer bemerkenswerten Entscheidung.
Der Mann hatte zunächst mit etwa 5 bis 10 Jungen aus der ersten Klasse auf dem Schulhof gespielt. Dabei ging es, so das Gericht, „wild“ zu. Irgendwann sei dem Ein-Euro-Jobber der Trubel zu viel geworden. Er habe sich dann in einen hinteren Teil des Hofes zurückgezogen. Die Jungs merkten nicht, dass der Mann seine Ruhe haben wollte und bedrängten ihn. Dabei schlugen die Erstklässler teilweise auch auf ihn ein. Zwei Jungs spuckten wohl auch in Richtung des Mannes, wobei dieser sich aber nach eigenen Angaben nicht in seiner Ehre verletzt oder ernsthaft angegriffen fühlte. Ihm sei stets seine Überlegenheit gegenüber den Schülern bewusst gewesen, heißt es in dem Beschluss.
Um die tobenden und auf ihn einstürmenden Kinder loszuwerden, verteilte der Mann dann die Ohrfeige. Das war in Ordnung, urteilt das Oberlandesgericht. Und das, obwohl dem Betroffenen auch andere Möglichkeiten geblieben wären. So hätte er sich problemlos in das Schulgebäude zurückziehen können. Das tat er aber nach eigenen Angaben nicht, weil er dann Ärger wegen des „Verlassens seines Arbeitsplatzes“ fürchtete. Ebenso hätte der Mann einen hauptamtlichen Pädagogen rufen können, der ebenfalls mit ihm auf dem Pausenhof Dienst hatte. Das tat er jedoch nicht, weil er sich als 1-Euro-Kraft von dem Pädagogen herablassend behandelt fühlte.
Für das Oberlandesgericht Düsseldorf waren diese Handlungsalternativen ohnehin nicht zumutbar. Schon deshalb, weil sie nicht in gleicher Weise geeignet waren, den „rechtswidrigen Angriff“ der Kinder zuverlässig zu stoppen. So sei ein Ausweichen in das Schulgebäude nicht erfolgversprechend gewesen, weil die Kinder dem Mann auch schon vorher gefolgt seien. Außerdem hätten die Kinder schon vorher nicht auf den Angeklagten gehört. Deshalb sei es fraglich, ob ein Einschreiten des hauptamtlichen Pädagogen gewirkt hätte.
Insgesamt, so das Gericht, sei die Ohrfeige in der Situation das einzige angemessene Mittel gewesen. Erfolgreich war sie jedenfalls, denn die Kinder ließen nach dem Schlag sofort geschockt von dem Mann ab. Die vorherigen Instanzen haben den Fall noch komplett anders beurteilt. Sowohl das Amts- als auch das Landgericht Düsseldorf verurteilten den Mann zu einer Geldstrafe von 30 bzw. 25 Tagessätzen; nun wurde er freigesprochen (Beschluss vom 2. Juni 2016, Aktenzeichen III-1 Ws 63/16).