In der Tagespost meines Büros waren heute Schreiben in zwei völlig verschiedenen Angelegenheiten, die zum Verwaltungsrecht gehören. Was beide Briefe gemeinsam haben? Sie sind schon auf den ersten Blick voller rechtlicher Fehler. Diese Fehler stechen sogar mir ins Auge, obwohl ich als Strafverteidiger nicht unbedingt jeden Tag tief ins Verwaltungsverfahrensrecht eintauche.
Im ersten Brief geht es um darum, dass sich ein städtisches Amt nicht mehr an eine Zusage halten will. Die Leistung war wirksam bewilligt, und zwar durch einen förmlichen Bescheid. Das nennt man einen begünstigenden Verwaltungsakt. Anscheinend gab es dann behördenintern irgendwelche Probleme. Mein Mandant erhielt einen Anruf, dass er nicht mit der Leistung rechnen kann. Als er sich damit nicht zufrieden gab und telefonisch nachhakte, meldete sich jemand von der Bezirksregierung, also der Aufsichtsbehörde, per Mail und teilte mit, es seien leider keine „finanziellen Kapazitäten“ mehr da.
Auf unseren freundlichen Hinweis, dass man einen begünstigenden Verwaltungsakt nur unter den Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG zurücknehmen kann und das auch durch die zuständige Behörde geschehen muss, kam ein nichtssagendes Schreiben. Immerhin vom zuständigen Amt. Darin wird behauptet, der Antrag sei „zu spät“ gestellt worden. Was aber jedenfalls nichts daran ändert, dass der Antrag positiv beschieden wurde. Mit keinem Wort wird erklärt, was für Fristen überhaupt versäumt worden sein sollen. Aber anscheinend handelt es sich sowieso nur um behördeninterne Vorgaben, die den Bürger sowieso nicht interessieren müssen.
Der Brief ist noch nicht mal als Rücknahme tituliert, eine Rechtsbehelfsbelehrung fehlt auch. Nicht jedoch eine Floskel, man betrachte die Angelegenheit nun als „erledigt“ und wünsche dem Antragsteller alles Gute. Ich glaube, den Gefallen wird unser Mandant der Behörde nicht machen.
Der zweite Brief kommt von einem Polizeipräsidium. Es geht darum, dass Datenträger „nach Polizeirecht“ sichergestellt werden, weil diese möglicherweise strafbare Inhalte enthalten. Interessant, denn das Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen wurde eingestellt. Und zwar mangels Tatverdachts. Die Datenträger sind nämlich verschlüsselt. Sie konnten nicht geknackt werden. Es ist also völlig offen, was drauf ist.
Dennoch meint die Polizei jetzt, sie dürfe die Datenträger behalten, weil es als „möglich“ erscheint, dass halt doch strafbare Inhalte auf den Festplatten sind. Weil das nicht „ausschließbar“ sei, müssten die Datenträger nicht zurückgegeben werden, weil sie ja ansonsten sofort wieder beschlagnahmt werden könnten. Dummerweise wird in dem Bescheid mit keinem Wort begründet, aufgrund welcher Tatsachen der Polizeibeamte meint, die Datenträger könnten illegale Daten enthalten. Nicht mal die kriminalistische Erfahrung wird bemüht, die sich ja sonst als Notanker bewährt.
Abgesehen von der fehlenden Begründung schafft es der Hauptkommissar auch nicht, die sofortige Vollziehbarkeit anzuordnen. Den Satz hat er schlicht vergessen, obwohl er ihn anscheinend schreiben wollte, wie man mit etwas gutem Willen zwischen den Zeilen rauslesen kann.
Ach ja, auch hier fehlt die Rechtsbehelfsbelehrung.
Und ich denke immer, die Sitten verrohen nur an den Strafgerichten.