Im Gericht kulminierte eine längere Auseinandersetzung zwischen mir und der Richterin in folgendem Dialog:
Herr Verteidiger, die Sache dauert jetzt schon anderthalb Jahre. Seit anderthalb Jahren höre ich mal dieses und mal jenes von Ihnen. Sie geben nur das zu, was ohnehin nachgewiesen werden kann. Ansonsten hängen Sie die Nase in den Wind und drehen die Sache immer geschickt so, wie es für Ihren Mandanten gerade am günstigsten ist.
Eine schöne Stellenbeschreibung. Das ist genau mein Job, seit 21 Jahren.
Die Reaktion war eher verhalten. Dennoch hatte ich ab dem Punkt das Gefühl, Richterin und Staatsanwalt waren ab sofort an der Fortführung des Verfahrens nicht mehr sonderlich interessiert. Vermutlich, weil ihnen schwante, dass die Sache noch munter eine lange Zeit so weitergehen kann – wenn der blöde Anwalt sich noch nicht mal für seine Arbeit schämt.
Das Verfahren war, auch für mich überraschend, nach drei Minuten eingestellt. Der Mandant ist damit nicht vorbestraft, er muss nur eine erträgliche Geldauflage leisten.
Genau so lautete das intern vorgegebene Ziel.