Arbeitsteilung gibt es auch bei der Polizei und den Ordnungsbehörden. Das eine Kommissariat ist für Verkehrsdelikte zuständig, ein anderes für Betäubungsmittelkriminalität, das nächste für Wirtschaftsstrafsachen. Und weil das so ist, neigen Polizeibehörden dazu, Fälle nach den ersten Ermittlungen je nach Sachgebiet aufzuspalten und die Verfahren getrennt zu bearbeiten.
Ähnlich geht es bei den Staatsanwaltschaften und den Gerichten weiter. Dieses Prozedere muss für einen Beschuldigten nicht unbedingt nachteilig sein – wenn er die Augen aufhält und sich geschickt verhält.
Die heute übliche Aufspaltung einzelner Fälle in eigenständige Sachkomplexe mag für die Behörden zwar praktisch sein. Dummerweise verstößt sie aber gegen einen Grundgedanken der Strafprozessordnung. Die sieht nämlich vor, dass über eine „Tat“ einmal und abschließend geurteilt wird und die Sache dann gut ist. Die Tat ist dabei nach der juristischen Definition alles, was bei natürlicher Betrachtungsweise als „einheitliches Tun“ erscheint.
Was damit gemeint ist, zeigt ein alltäglicher Fall aus Sachsen-Anhalt. Dort ermittelten Polizei und Ordnugnsamt sozusagen nebeinander her. Ein Mann war betrunken mit dem Fahrrad unterwegs. Bei einer Kontrolle weigerte er sich, seine Personalien anzugeben. Außerdem leistete er Widerstand, als er zur Wache gebracht werden sollte. Wegen der verweigerten Personalien kriegte er recht zügig einen Bußgeldbescheid vom Ordnungsamt. Der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie die Trunkenheitsfahrt sollten in einem Strafverfahren geklärt werden.
Doch der Betroffene passte auf. Er wehrte sich gegen seine Verurteilung wegen Widerstands. Denn dieser bilde letztlich eine einheitliche Tat mit der Weigerung, die Personalien anzugeben. Deswegen habe er aber schon einen Bußgeldbescheid kassiert.
Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt sah das ebenso und hob die Verurteilung wegen des Widerstands auf. Hier hat der rechtskräftige Bußgeldbescheid nämlich eine Sperrwirkung in dem Sinne, dass niemand zwei Mal wegen der gleichen Tat verurteilt werden darf. Die Vorinstanzen hatten das noch anders gesehen.
Es kann sich also lohnen, bei Ermittlungen genau hinzuschauen. Jedenfalls schadet es einem Beschuldigten nie, wenn er es nicht nur mit einem Achselzucken hinnimmt, dass aus einem Ermittlungsverfahren plötzlich mehrere werden (Aktenzeichen 2 Rv 10/16).