Aus einer Strafanzeige der Polizei NRW:
Am 02.01.2016 um 23:45 Uhr befuhren die Beamten den …-Platz in R…., als Ihnen der BES auffiel.
Dieser war den Beamten aus vorangegangenen Einsätzen bekannt.
Im Rahmen der folgenden Personenkontrolle wurde der BES mit seinem Einverständnis in seiner Oberbekleidung nach verbotenen Gegenständen durchsucht.
Hierbei konnte in der rechten Jackentasche ein Schlagring aufgefunden werden.
Tja, fragt man sich da. Warum schreiben die Polizeibeamten extra in die Anzeige, dass die Durchsuchung mit dem „Einverständnis“ des Betroffenen erfolgte? Natürlich deswegen, weil den Polizisten selbst klar ist, dass sie sich rechtswidrig verhalten.
Damit meine ich gar nicht so sehr die dreiste Lüge, mein Mandant sei mit der Durchsuchung einfach mal so „einverstanden“ gewesen. Schauen wir uns diesen Punkt aber zunächst an. Ich kenne den Betreffenden schon länger. Der ist garantiert mit gar nichts einverstanden, was die Polizei mit ihm machen will. Dazu kennt er zu gut seine Rechte. Aber so ein Einverständnis ist natürlich deshalb wichtig, weil es eine rechtswidrige polizeiliche Maßnahme mit einem Schlag legitimieren kann.
Das nennt sich dann Grundrechtsverzicht durch den Betroffenen. Das ist anscheinend so eine Art spontaner juristischer Selbstenzündung. Man könnte auch von einem Blackout-Syndrom sprechen. Es befällt seit einigen Jahren verstärkt ansonsten mündige Staatsbürger im Angesicht der Damen und Herren in grün blau. Da wird dann nach Aktenlage seitens des Betroffenen fast schon darum gebettelt, einer polizeilichen Maßnahme unterzogen zu werden.
So ein Grundrechtsverzicht ist erstaunlicherweise bei uns möglich und nicht nur bei Personenkontrollen beliebt. Sondern zum Beispiel auch bei Hausdurchsuchungen, für die kein richterlicher Beschluss vorliegt. Da heißt es dann auch oft: „Der Beschuldigte war mit einer Durchsuchung seiner Wohnung einverstanden.“ Eine Unterschrift holen sich die Bamten dafür in den wenigsten Fällen. Nicht, weil es kein Formular dafür gibt. Sondern weil sie in Wirklichkeit keine Unterschrift vom Betroffenen kriegen würden, wenn ihm tatsächlich klar wäre, dass er sich mit seinem angeblichen Einverständnis fast alle Rechte abschneidet – und das ohne jede Not.
Nun zum zweiten Punkt. Hier gab es überhaupt keine handfesten Gründe für die Annahme, dass mein Mandant verbotenen Gegenstände mit sich führt. Der Umstand, dass er irgendwie polizeibekannt ist, reicht für eine Durchsuchung so vage jedenfalls nicht aus. Zumal mein Mandant nun auch kein Schwerverbrecher ist und auch noch nie mit einer Waffe irgendwo angetroffen wurde. Auch die anderen Voraussetzungen, die im Polizeigesetz NRW für eine Durchsuchung genannt werden, sind nicht erfüllt. Wären sie es, hätten die Beamten es natürlich auch mit Freude aufgeschrieben.
Kurz gesagt: Die Filzerei ohne Grund mag polizeilicher Alltag sein, zulässig ist sie deswegen noch lange nicht.
Mit einem Lerneffekt bei der Polizei ist übrigens frühestens dann zu rechnen, wenn wir endlich mal Verwertungsverbote für rechtswidrig erlangte Beweismittel bekommen. Aber leider sind wir davon derzeit sehr viel weiter entfernt als jemals zuvor.