Hier mal ein kleiner, sich weitgehend selbsterklärender Text aus der Praxis. Es handelt sich um den Antrag, eine Anklage nicht zur Hauptverhandlung zuzulassen. Die Polizei hat in einem längeren Ermittlungsverfahren What’s-App-Chats beschlagnahmt. Dabei stellten die Beamten fest, dass ihre Arbeit von den Beschuldigten auch schon mal „kritisch“ diskutiert und mit despektierlichen Bildchen gewürdigt wurde. Hier der Antrag:
Die Anklage übersieht, dass sich die fraglichen Äußerungen jedenfalls auf den sogenannten „beleidigungsfreien Raum“ erstrecken (vgl. hierzu Thomas Fischer, Strafgesetzbuch, § 185 Rdnr. 12 a).
Die Staatsanwaltschaft geht in den umfangreichen Ermittlungsverfahren selbst davon aus, dass Herr J. und die Angeklagten Mitglieder einer maximal fünfköpfigen angeblichen Motorradfahrergruppe mit dem Namen … sind. Sollte das Gericht mit dem Komplex bislang nicht betraut sein, wird beantragt, die Akte der Strafsache …. beizuziehen.
Es handelt sich schon auf der Grundlage der Feststellungen der Polizei um einen engsten Freundeskreis, man könnte auch sagen eine „verschworene Gemeinschaft“.
Innerhalb dieses Kreises fehlt der für eine Beleidigung erforderliche Kundgabecharakter. Die Kommunikation war auch nicht für eine wie auch immer geartete Öffentlichkeit gedacht. Unter normalen Umständen, das heißt den aus völlig anderen Gründen erwirkten Durchsuchungsbeschluss, wäre die What’s-App-Kommunikation auch nicht nach außen gedrungen, schon gar nicht zu den möglicherweise gemeinten Polizeibeamten.
Da die Äußerungen lediglich in einem beleidigungsfreien Raum gefallen sind, ist eine Strafbarkeit nach § 193 StGB ausgeschlossen (s. auch Fischer, StGB, wie oben).
Die Anklage ist deshalb aus rechtlichen Gründen nicht zuzulassen.
Schauen wir mal, was der Richter davon hält.