Im Münchner NSU-Verfahren geht es derzeit anscheinend drunter und drüber. So berichtet Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online von den neuesten Bemühungen der Zschäpe-Anwälte aus der ersten Stunde, endlich aus dem Verfahren rauszukommen. Wie es aussieht, liefert ihnen ausgerechnet der Gerichtsvorsitzende die hierfür nötigen Argumente.
Die Anwälte Sturm, Stahl und Heer wehren sich dagegen, dass der Vorsitzende anscheinend hinter ihrem Rücken intensiv mit dem neuen, vierten Pflichtverteidiger Mathias Grasel kommuniziert. Wobei es weniger die Kommunikation als solche ist, sondern vielmehr der Umstand, dass der Vorsitzende Manfred Götzl die anderen Verteidiger hierüber nicht informiert. Dass der Vorsitzende sogar mit einem Anwalt sprechen soll, der gar nicht Verteidiger von Zschäpe, sondern „nur“ der Sozius von Grasel sein soll, macht die Sache sicher nicht einfacher. Zumal es ja um die Frage zu gehen scheint, ob Beate Zschäpe eine Strategiewende vollzieht und aussagt.
Nach meinem Verständnis zu Recht monieren Sturm, Stahl und Heer, dass das Gericht sie bisher im wahrsten Sinne des Wortes in die Pflicht genommen hat. Eine Entpflichtung der bisherigen Verteidiger wurde nach Grasels spätem Auftauchen mit dem Hinweis abgelehnt, dass auch die bisherigen Pflichtverteidiger dafür da sind, Zschäpes ordnungsgemäße Verteidigung zu gewährleisten. Das wäre aber wirklich nur noch eine Fassade, wenn das Gericht die Verteidiger nicht mal darüber informiert, welche weichenstellenden Dinge mit Grasel besprochen werden.
Befangenheitsanträge können die Alt-Verteidiger allerdings nicht so einfach stellen. Denn die Besorgnis der Befangenheit können nicht Anwälte hegen, sondern immer nur ihre Mandanten. Sofern Zschäpe sich die Bedenken ihrer Verteidiger nicht zu eigen macht, bleiben denen derzeit nur gehaltvolle Protestnoten, die den Prozess jedoch kaum zum Platzen bringen können.
Allerdings kann die nicht ordnungsgemäße Verteidigung der Angeklagten ein späterer Revisionsgrund sein. Fragt sich halt nur, ob Zschäpe diese Gründe überhaupt vorbringen würde. Derzeit versucht aber auch noch der Angeklagte Ralf Wohlleben über seinen Anwalt, aus dem Zschäpe-Durcheinander einen Befangenheitsgrund zu modellieren. Immerhin wird er ja auf gewisse Art und Weise mit in den Strudel gerissen. Gut möglich, dass es über ihn am Ende klappt.