Ein Amtsrichter in Stuttgart-Bad Cannstatt war in seinem ersten Leben Softwareenetwickler sowie Netzwerk- und Systemadministrator. Deshalb ist er sicher nicht der falsche Mann, um über Filesharing-Klagen zu entscheiden.
Ein aktuelles Urteil nutzt der Richter, um technisch weniger bewanderten Kollegen aufzuzeigen, wie sie der Abmahnindustrie auf den Leim gehen. Gerade bei der Berechnung eines möglichen Lizenzschadens. Am Beispiel des Filmwerks „Ab heute juckt das Fötzchen“ berechnet der Richter Schritt für Schritt einen theoretischen Lizenzschaden von stolzen 2,04 €. Der Filmproduzent hatte 500 € eingeklagt.
Der Richter beendet sein Urteil mit der unverhohlenen Aufforderung an seine Kollegen, die Entscheidung doch bitte zu lesen. Zitat:
Das Gericht verkennt schließlich nicht, dass seine vorstehenden Ausführungen, wenn ihnen andere Gerichte folgen würden, das Abmahnwesen im Bereich des Urheberrechts weniger lukrativ machen und schließlich die effektive Verfolgung von Urheberrechtsverstößen in Tauschbörsen beeinträchtigen mögen.
Hieraus kann jedoch nicht folgen, dass tatsächlich nicht entstandene – pönale – Schäden liquidiert werden und das Fehlen der unter Richtern wenig verbreiteten technischen Kenntnisse als Vehikel hierfür genutzt wird.
Das Urteil kann man hier nachlesen.
Aktenzeichen 8 C 1023/15