Jura ist mitunter auch reines Handwerk. Das zeigt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden. Die Richter mussten die Frage beantworten, ob man reitet, wenn man ein Pferd am Zügel führt.
Genau so sah es das Amtsgericht Pirna. Es verurteilte eine Reiterin zu einer Geldbuße von 50 Euro. Die Frau hatte einen ausgewiesenen Reitweg verlassen und ihr Pferd am Zügel zu einer 50 Meter vom Reitweg entfernten Wiese geführt. Dort wollte sie Rast machen. Das Sächsische Waldwegegesetz verbietet das „Reiten“ abseits von Reitwegen. Für den Amtsrichter kein Problem. Er urteilte kurzerhand, das Führen eines Pferdes am Zügel sei mit Reiten gleichzusetzen.
Das Oberlandesgericht ist mit dieser Auslegung des Gesetzes nicht einverstanden. Unter dem Begriff »Reiten« werde nach allgemeiner Auffassung die Fortbewegung eines Menschen auf einem Tier verstanden. Demgegenüber werde beim Führen das Tier gerade nicht zur Fortbewegung genutzt. Das gesetzliche Willkürverbot verbiete es, einen Rechtsbegriff über seinen Wortsinn hinaus auszudehnen. Das Bußgeld wurde deshalb aufgehoben.
Der Amtsrichter hätte eigentlich vorgewarnt sein können. Eine ähnliche Diskussion gab es nach Einführung des Paragrafen, der Handys am Steuer untersagt. Auch da wurde diskutiert, ob auch Diktiergeräte, Rasierapparate und Schminkspiegel Mobiltelefone im Sinne des Gesetzes sein können. Wie wir wissen, hat sich diese Auffassung nicht durchgesetzt (Aktenzeichen 26 Ss 505/15 Z).