Wenn die Verhandlung in einer Strafsache naht, rufe ich regelmäßig die Richterin oder den Richter an. Ein Grund findet sich immer, und wenn er leidlich vorgeschoben ist. Wichtig ist mir der Kontakt allemal, denn ich möchte die Stimmung sondieren. Und ein persönliches Gespräch hat ja noch nie geschadet.
Allerdings habe ich das Gefühl, so ein Anruf bei Richtern wird immer schwieriger. Mein Eindruck ist, dass immer mehr Gerichte die Richter von der Außenwelt abblocken. Das ist nur meine persönliche Erfahrung. Aber ich habe ja in so gut wie allen Ecken Deutschlands zu tun.
„Tut mir leid“, heißt es gerne in der Telefonzentrale, „die Durchwahl der Vorsitzenden darf ich Ihnen nicht geben.“ Darauf sage ich dann, dass ich die Durchwahl nicht unbedingt wissen will. „Es reicht mir, wenn Sie mich durchstellen.“
Aber auch das ist plötzlich nicht mehr erlaubt. „Zu Richtern dürfen wir nicht durchstellen, auch keine Anwälte. Ich kann Sie nur mit der Geschäftsstelle verbinden.“ Ach ja, die Geschäftsstelle. Der Schritt über die Geschäftsstelle des Gerichts wäre ja an sich kein Problem. Wenn man bei einem klassischen Anwalt anruft, geht ja meist auch erst dessen „Vorzimmer“ dran.
Der kleine Unterschied scheint mir nur zu sein, dass ich das Sekretariat von Anwaltskollegen normalerweise erreiche. Bei Geschäftsstellen von Gerichten fällt die Quote mittlerweile desaströs aus. Entweder ist keiner da. Oder es geht keiner dran. Alles andere ist schon eine positive Überraschung.
Mittlerweile arbeite ich nach Kräften dagegen, um nicht ständig in der Leitung zu versauern. Natürlich speichere ich jede Justiz-Durchwahl ab, der ich habhaft werde. Von mir freundlich gesinnten Staatsanwälten erbettele ich auch gerne eine Kopie vom örtlichen Telefonverzeichnis ihres Sprengels (haben die meist auf dem Rechner).
Am erfolgreichsten bin ich aber damit, Telefonzentralen zu umgehen.
Ich würfele irgendeine Gerichts-Durchwahl aus, rufe da an, stelle mich dumm und bitte den Mitarbeiter am Telefon, mich doch zur Richtern X oder dem Richter Y durchzustellen. So lernt man auch mal Grundbuchbeamte kennen oder, wie neulich, den Gerichtspräsidenten. Selbst der hat für den verwirrten Anwalt übrigens gern in sein Verzeichnis geguckt und ihn durchgestellt.