Das Bundesverfassungsgericht beendet eine Unsitte bei Hausdurchsuchungen. Es kam immer wieder vor, dass Staatsanwälte nicht abwarten wollten, bis ein Richter über den von ihnen gestellten Durchsuchungsantrag entschieden hat. Stattdessen ordneten die Staatsanwälte dann die Durchsuchung doch noch selbst an – wegen „Gefahr im Verzug“.
Diese Praxis ist verfassungswidrig, urteilt das Bundesverfassungsgericht in drei Beschlüssen. Sobald der Staatsanwalt den Durchsuchungsbeschluss – wie vom Gesetz vorgesehen – beantragt hat, endet seine Zuständigkeit. Er kann dann auch nicht mehr die Durchsuchung wegen „Gefahr im Verzug“ anordnen, bloß weil sich der Richter (aus seiner Sicht) übermäßig viel Zeit lässt.
Es gibt nämlich durchaus Richter, die in Eilfällen nicht jeden Durchsuchungsbeschluss wie gewünscht telefonisch erlassen – wobei eine mündlich Anordnung zumindest in einfach gelagerten Fällen durchaus zulässig ist. Vielmehr bestehen diese Richter dann auf nähere Informationen oder gar auf Vorlage der Ermittlungsakte. Das kostet natürlich Zeit. Aber die Grundrechte gebieten es laut der Karlsruher Entscheidung, sich diese Zeit zu nehmen. Jedenfalls darf das Ermessen eines Richters, wie und vor allem wann er einen Fall entscheidet, nicht dadurch ausgehebelt werden, dass der Staatsanwalt „Gefahr im Verzug“ bejaht und die Durchsuchung kurzerhand selbst anordnet.
Das Bundesverfassungsgericht weist bei dieser Gelegenheit noch mal darauf hin, das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung sei ein hohes Gut. Deshalb müsse in der Regel der Richter über eine Durchsuchung entscheiden. Die Anordnung durch den Staatsanwalt wegen „Gefahr im Verzug“ müsse die Ausnahme sein. Es sei auch Sache der Ermittlungsbehörden nachvollziehbar zu dokumentieren, dass die Voraussetzungen für „Gefahr im Verzug“ vorlagen (Aktenzeichen 2 BvR 2718/10, 2 BvR 2808/11, 2 BvR 1849/11).