Der Bundesgerichtshof hat das Urteil gegen den Hoeneß-Erpresser aufgehoben. Der Mann hatte Uli Hoeneß vor dessen Haftantritt unter Druck gesetzt, indem er diesem „verschärfte Haftbedingungen“ androhte, sollte er nicht 215.000 Euro erhalten.
Interessant ist vor allem die Begründung, mit welcher das Urteil wegen versuchter Erpressung aufgehoben wird. Das Landgericht München II hatte nämlich einige strafschärfende Aspekte aufgeführt, die bei näherer Betrachtung eigentlich keine sind. Beziehungsweise sein dürfen.
Die „erhebliche krimineller Energie“ des Täters erkannte die Strafkammer unter anderem in folgenden Punkten:
– Der Angeklagte hatte die Datei mit dem Erpresserschreiben bewusst nicht auf seinem Computer abgespeichert (aktiv gelöscht hat er die Datei aber auch nicht);
– er hatte Handschuhe getragen und seine Finger mit einem Geschirrtuch umwickelt, um Fingerabdrücke zu vermeiden;
– im Erpresserschreiben hatte der Angeklagte sich nur „MisterX“ genannt.
Sicher nicht schön, aber sind diese Verhaltensweisen wirklich strafschärfend? Anders gefragt: Darf von einem Erpresser wirklich verlangt werden, dass er sich mit seinem echten Namen vorstellt, um im Entdeckungsfall noch eine „normale“ Strafe zu erhalten? Der Bundesgerichtshof:
Dem Angeklagten darf nicht straferschwerend zur Last gelegt werden, er habe den Ermittlungsbehörden seine Überführung nicht erleichtert, indem er keine auf ihn hindeutenden Hinweise geschaffen habe. Dies wäre aber der Fall, wenn man einem Erpresser anlastet, er trete nicht unter seinem Namen, sondern anonym auf, und er habe ein Erpresserschreiben nicht abgespeichert, sondern ohne Speicherung auf seinem Computer erstellt.
Auch wenn das Ganze in diesem Fall vielleicht besonders bizarr ist, kommen solche Fehler in vielen Urteilen vor. Ich habe mal einen Räuber verteidigt, der den Weg zur Wohnung des Opfers nicht kannte. Deshalb hielt er an einer Tankstelle an und kaufte sich einen Stadtplan von Recklinghausen. Auch das wurde als strafschärfend gewertet – warum auch immer. Auch dieser Fall erlebte eine Neuauflage. Ähnlich ist es jetzt bei der Hoeneß-Erpressung; der Fall wird ans Landgericht München II zu erneuter Verhandlung zurückverwiesen (Aktenzeichen 1 StR 200/15).