Lieber ins Schwimmbad

Ende letzter Woche war ich auf einer Polizeiwache, die verdiente den Namen „Großstadtrevier“. Ein riesiger Raum, mit vielen Schreibtischen und jeweils einem PC. Es war nicht viel los und mein Fall auch eher bescheiden, aber am Nachbartisch ging es munter zur Sache. Dort wurde ein mutmaßlicher Dieb nämlich darüber aufgeklärt, dass er in Haft muss, weil gegen ihn ein Haftbefehl offen ist.

Das hatte trotz allem noch was von Alltag. Bis der Betroffene darum bat, seine Anwältin anrufen zu dürfen. „Das habe ich schon für dich gemacht“, bölkte einer der drei Polizeibeamten, die mit der Sache betraut waren. „Deine Anwältin will nicht kommen. Ist ihr zu heiß, die geht jetzt mit ihren Kindern lieber ins Schwimmbad.“

Damit war das Thema Anwalt erledigt. Seltsam nur, dass der Polizist eigentlich die ganze Zeit im Raum gewesen ist. Ich habe ihn nicht am Telefon gesehen.

Leider kam der Beschuldigte nicht auf die Idee nachzufragen, ob er denn wenigstens mal mit seiner Anwältin telefonieren darf.

Dass ein Verteidiger nicht immer zu jedem Mandanten eilen kann, kommt durchaus vor. Merkwürdig wird es aber dann, wenn der Anwalt zwar erreicht wird, aber es zu keinem Gespräch mit dem Mandanten kommt. Bei mir ist es jedenfalls ein Reflex, immer erst ein unbeobachtetes Gespräch mit dem Betroffenen zu verlangen. Das reicht allemal für den Tipp, erst mal die Klappe zu halten. Und dieser Tipp ist nie falsch.

Das Telefonat ist normalerweise auch absolut kein Problem, wenn die Polizei die Kontaktaufnahme zum Anwalt nicht komplett verweigert. Was sie ja bekanntermaßen nicht darf. In dem Fall vom Großstadtrevier habe ich allerdings stark das Gefühl, der Polizist hat einfach getrickst. Weil er schlicht keinen Bock darauf hatte, dass sich kurz vor dem Wochenende noch ein Anwalt einmischt. Das ist aber nicht nur fies, sondern auch illegal.

Der Beamte, mit dem ich am Nachbartisch konferierte, war übrigens supernett, sachlich und korrekt.