Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung kritisiert scharf den gestern veröffentlichten Referentenentwurf zur Vorratsdatenspeicherung. Der Entwurf greift laut AK Vorrat tief in die Grundrechte ein und verstößt ebenfalls gegen die Urteile des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs. Denn nach wie vor handelt es sich um eine anlasslose Speicherung der Kommunikationsdaten aller Bürgerinnen und Bürger.
Der Gesetzentwurf führt verschiedene Speicherpflichten für Standort- und Verkehrsdaten ein, die Regierungsparteien berufen sich dabei auf das „absolut Notwendige“ und objektive Kriterien. „Absolut notwendig ist es hingegen, dass die Regierungsparteien endlich anerkennen, dass unsere Grundrechte mit dieser anlasslosen Überwachung mit Füßen getreten werden und solche Überwachungsmethoden in einem Rechtsstaat nichts zu suchen haben,“ so Kai-Uwe Steffens vom AK Vorrat.
Weder im Rahmen der Evaluierung der Europäischen Kommission noch während der Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof konnten Beispiele für einen effektiven Nutzen bei der Verfolgung schwerer Straftaten vorgelegt werden, geschweige denn eine Notwendigkeit nachgewiesen werden.
Der Gesetzentwurf fordert die Speicherung sämtlicher Standorte der Kommunikationsteilnehmer für vier Wochen, der Metadaten zu Telefongesprächen, SMS-Nachrichten, Messenger-Nachrichten und der IP-Adressen aller Internet-Zugriffe für zehn Wochen.
Dabei ist sehr unklar geregelt, wann diese Daten verwendet werden dürfen, laut Gesetzentwurf auch dann, wenn eine Straftat „mittels Telekommunikation“ begangen wurde und wenn die „Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos wäre.“ Das macht es Strafverfolgungsbehörden einfach, auf diese Daten zuzugreifen.
„Damit kann auch gegen Filesharer und Trickbetrüger auf Ebay vorgegangen werden,“ so Steffens weiter. „Ein tiefer Eingriff in die Grundrechte für die Verfolgung solch vergleichsweise geringer Delikte ist mit dem Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar.“
Die Vorratsdatenspeicherung wurde bereits zweimal von Verfassungsgerichten abgeschafft. Vor wenigen Wochen noch lehnte Justizminister Heiko Maas die Vorratsdatenspeicherung strikt ab, die SPD ist gespalten.
Nun soll der jetzige Gesetzentwurf im Eilverfahren durch den Bundestag gebracht werden und noch vor der Sommerpause in Kraft treten. „Ein solches Vorgehen verhindert bewusst jeglichen zivilgesellschaftlichen Dialog, der einer Demokratie für so einen schweren Grundrechtseingriff notwendig wäre,“ ergänzt Rena Tangens vom AK Vorrat. „Offenbar will die Regierung keine Argumente mehr hören, sondern ein weiteres Mal ein verfassungswidriges Gesetz beschließen.“
Die Bürgerrechtler rufen zur Teilnahme an der Demonstration ‚Freiheit statt Angst‘ am kommenden Samstag in Hamburg auf, wo gegen die Einführung der Vorratsdatenspeicherung und andere Überwachungswerkzeuge protestiert wird.