Für Wirbel sorgt die „Festnahme“ eines Diebstahlsverdächtigen in der Kreuzberger Markthalle Neun. Das Video einer Zeugin zeigt eine reichlich rüde Behandlung des Mannes durch das Personal. Diskutiert wird nun, ob das noch vom Festnahmerecht (§ 127 StPO) gedeckt ist.
Das Video ist in diesem Bericht der Berliner Zeitung verlinkt, der auch ausführlich die Positionen der Beteiligten wiedergibt.
Grundsätzlich kann man das Festnahmerecht so zusammenfassen, wobei ich der Einfachheit halber aus dem Beck’schen Online Kommentar zur Strafprozessordnung zitiere:
Das Festnahmerecht enthält die Befugnis, den Täter festzuhalten, ihm Sachen wegzunehmen, um die Fortbewegung zu verhindern, ihn vorübergehend in der Privatwohnung zu verwahren und ihn zur nächsten Polizeiwache zu bringen.
Der Festnehmende darf im Rahmen des Erforderlichen und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes physische Gewalt anwenden. Die ernsthafte Beschädigung der Gesundheit des Straftäters oder die unmittelbare Gefährdung seines Lebens, etwa ein lebensgefährdendes Würgen, ist nicht erlaubt.
Grundsätzlich geht es deshalb in Ordnung, wenn Geschäftsinhaber mutmaßliche Diebe mit körperlicher Gewalt festhalten. Das gilt aber nur für den Fall, dass der mutmaßliche Täter auch tatsächlich ein Dieb ist. Stellt sich seine Unschuld heraus, kann es für den Festnehmenden schnell eng werden. Ein möglicher Irrtum ist regelmäßig sein juristisches Risiko.
Oft wird auch übersehen, dass der Täter „auf frischer Tat“ ertappt worden sein muss. Ich hatte es neulich zum Beispiel mit dem Fall zu tun, dass Mitarbeiter eines Elektromarktes meinten, mein Mandant habe vor einiger Zeit in dem Laden geklaut. Das war keine „frische Tat“, weswegen jetzt gegen die ebenfalls burschikosen Mitarbeiter des Marktes wegen Nötigung und Körperverletzung ermittelt wird.
Zu dem Berliner Video lässt sich derzeit nur sagen, dass die Situation schon grenzwertig erscheint. Jedenfalls, was ein mögliches Würgen des Betroffenen angeht. Am Ende ist es wie so oft Wertungssache für die beteiligten Juristen. Klar dürfte aber sein, dass die Ermittlungsbehörden kaum was gegen das Marktpersonal unternehmen werden, sofern der mutmaßliche Dieb keinen Strafantrag stellt.