Wird ein Strafverfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt, läuft es oft auf einen Kuhhandel hinaus. Dem Angeklagten wird dabei angesonnen, seine eigenen „nowendigen Auslagen“ selbst zu tragen. Das bedeutet insbesondere seine Anwaltskosten.
Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow hat jetzt gezeigt, dass man hier zumindest nicht voreilig nachgeben muss. Ramelow erreichte es durch eine gewisse Beharrlichkeit, dass der Staat nicht nur die Verfahrenskosten zahlt, sondern eben auch seinen Anwalt.
Es ist klar, dass die Staatskasse immer ein Interesse daran hat, möglichst kostengünstig aus der Sache rauszukommen. Oft handelt es sich ja um die Fälle, bei denen es nie zu einer Anklage hätte kommen können. Während die normalen Kosten des Ermittlungs- und Gerichtsverfahrens ja im normalen Etat untergehen, müssen die notwendigen Auslagen sogar noch ausgezahlt werden. Das tut natürlich weh, und von daher schlagen viele Richter meist reflexartig vor, dass der Beschuldigte seine Anwaltskosten selbst übernimmt.
In solchen Situationen verweise ich gern auf das Gesetz selbst. Die Strafprozessordnung regelt für solche Einstellungen nämlich:
Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zulässt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
Der Formulierung lässt sich – zumindest für Juristen – entnehmen, dass die Staatskasse bei einer Einstellung normalerweise auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu zahlen hat. Hiervon kann abgesehen werden. Das bedeutet, es bedarf eben besonderer Gründe für die negative Kostenfolge. Wenn man aber erst mal grundsätzlich Einstellungen nur gegen einen Kostenverzicht macht, dreht das die vom Gesetz gewollte Vorgabe um.
Die weitaus meisten Richter sind für diese Argumentation übrigens aufgeschlossen. Wobei es oft genug passiert, dass dann erst mal der Wortlaut des Gesetzes ventiliert wird – möglicherweise zum ersten Mal seit langer Zeit. „Da haben Sie ja nicht ganz unrecht“, formulierte eine Richterin neulich. Und drückte der Staatskasse die Auslagen aufs Auge. Wobei ich sicher bin, dass sie das mit der Regel und der Ausnahme schnell wieder verdrängt hat. Spätestens beim nächsten pflegeleichten Angeklagten.