Es ist an vielen Gerichten eine beliebte Übung, aber noch längst keine Pflicht: Nach Verhandlungspausen müssen sich der Angeklagte und andere Prozessbeteiligte nicht erheben, wenn die Richter wieder den Saal betreten. Darauf weist das Oberlandesgericht Karlsruhe in einer aktuellen Entscheidung hin.
Ein Angeklagter war nach einer Sitzungspause am Amtsgericht Breisach auf seinem Platz geblieben. Dafür sollte er ein Ordnungsgeld von 200 Euro zahlen. Diesen Beschluss hob das Oberlandesgericht auf.
Es gebe nur eine begrenzte Pflicht aufzustehen, wenn das Gericht den Sitzungssaal betritt: zu Beginn der Verhandlung an dem betreffenden Sitzungstag, bei der Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen und bei der Verkündung der Urteilsformel. Auch dass der Vorsitzende nach einer Sitzungspause ausdrücklich darauf besteht, dass der Angeklagte aufsteht, begründe keine „Ungebühr“. Denn auch ein Richter könne nichts verlangen, wozu der Angeklagte nicht verpflichtet sei.
Das Sitzenbleiben könne nur ungebührlich sein, sofern sich aus besonderen zusätzlichen Umständen ergibt, dass der Angeklagte seine Missachtung für das Gericht ausdrücken wollte. Hierfür gab es in dem entschiedenen Fall jedoch keine Anhaltspunkte (Link zur Entscheidung).