Wunderheiler genießen bei der Justiz keinen besonders guten Ruf. Ich rede jetzt nicht von Anwälten, die ihren Mandanten fernab von jeder Realität grundsätzlich das Blaue vom Himmel versprechen. Sondern von mutmaßlichen Scharlatenen im medizinischen Bereich, die mit Pendeln, Handauflegen und Fernheilung ihr Geld verdienen. Mit so jemanden musste sich das Amtsgericht Gießen jetzt beschäftigen. Und ging überraschend milde mit ihm um.
Der Wunderheiler kurierte seine Patienten nur mit „geistigen Kräften“. Diese Kräfte wirken laut seiner Eigenwerbung gleichermaßen gegen Krebs, Demenz, Alzheimer, Hepatitis, HIV und vieles andere mehr. Für ein Honorar von 60 bis 1.000 Euro legte der Mann den Kunden seine Hände auf oder schickte seine positiven Energien durchs Telefon.
Dabei muss er durchaus überzeugend gewirkt haben. Denn vor dem Strafrichter mochte kein einziger der geladenen Patienten sagen, er fühle sich durch den Wunderheiler finanziell geschädigt. Da ein Betrug somit kaum zu bejahen war, blieb nur ein Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz.
Das Heilpraktikergesetz ist jedoch nach Auffassung des Amtsgerichts Gießen gar nicht anwendbar. Eine verbotene Heilbehandlung setze nämlich voraus, dass der „Eingriff“ auch schädliche Wirkungen haben könne. Das sei beim Handauflegen oder gar der Fernbehandlung jedoch ausgeschlossen.
Zu Gute kam dem Angeklagten, dass er seinen Kunden in keinem Fall von Arztbesuchen abriet. Mehrmals soll er sogar von sich aus (schul-)medizinische Behandlung empfohlen haben. Der Betroffene wurde im Ergebnis freigesprochen (Aktenzeichen 507 Cs 402 Js 6823/11).